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Chapter 11 (transliteration): Die Prohibitionsseuche in Iowa

Joseph Eiboeck, Die Deutschen von Iowa: Chapter 11

Elftes Kapitel.
Die Prohibitionsseuche in Iowa.

Man sagt scherzhaft in Würt[t]emberg, wo die Schwaben zu Hause sind, wenn ein Schwabe das vierzigste Lebensjahr erreicht hat und noch nicht gescheidt geworden ist, er auch nie gescheidt werden könne. Man könnte dieses Sprichwort auf eine Klasse Anglo-Amerikaner von Iowa anwenden, denn in 40 Jahren sind sie noch nicht zur Vernunft gekommen und haben bisher nicht einsehen gelernt, daß ein Verbotsgesetz gegen das Trinken und die Herstellung geistiger Getränke unmöglich auf die Dauer durchgeführt werden kann, und daß der vernünftige Genuß von solchen Getränken noch niemals als eine Sünde oder ein Verbrechen angesehen worden ist, außer von den Opium essenden Türken und den intoleranten Puritanern, denen nach der engherzigen, intoleranten Anschauungsweise ihrer Vorfahren die Welt als ein Jammerthal und das Leben als eine Buße dargestellt wurde, sodaß sie von einer vernünftigen Auffassung von Welt und Menschen keinen Begriff erhielten. Die Deutschen dagegen sind von jeher gelehrt worden, daß der Mensch alles Gute genießen könne, aber mit Maß und Ziel, und wenn auch der Römer Tacitus von unsern Vorvätern in den Urwäldern am Rhein sagte, daß sie "immer noch eins tranken" und er erstaunt war von ihrer Leistungsfähigkeit in dieser Beziehung, so hatte er übersehen, daß die deutschen Urmenschen nicht wie die Römer verzärtelt und verhätschelt waren, und deshalb mehr vertragen konnten. Und gerade wei ihnen das Trinken des göttlichen Weines und des edlen Gerstensaftes nicht untersagt worden war, haben sie auch gelernt, dieselben mit Verstand zu genießen, und sind dabei körperlich und geistig kräftige Menschen geworden und ge-

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blieben, die Niemand als Gott fürchten und nur den Heuchler und Scheinheiligen hassen.

Der Staat Iowa wurde, wie in einem andern Kapitel geschildert, zuerst in Masse von Anglo-Amerikanern besiedelt, die von den östlichen Staaten der Union nach dem Westen kamen und sich in Iowa niederließen. Diese brachten dorthin ihre verschrobenen Lebensanschauungen mit, welche ihnen in den Neuengland-Staaten von den aus England vertriebenen Puritanern eingeprägt worden waren. Sie begannen sofort, ihre Lehren und Ansichten Andern aufzudrängen, und weil ihnen das mit Worten und Ueberreden nicht gelang, nahmen sie ihre Zuflucht zur Gesetzgebung, um dadurch das zu vollbringen, was sich mit Vernunftgründen nicht erreichen ließ.

Schon Ende der 30er Jahre war im Osten der Ver. Staaten eine Bewegung in Gang gebracht worden, um das Trinken von gegohrenen und destilirten Getränken zu verbieten. In New York hatte man die "Sons of Temperance", in Boston die "Washingtonians", und in Maine fing schon der Vater der Prohibitionsgesetze an, gegen das Trinken geistiger Getränke zu agitiren, und zwar auf der Basis der Intoleranz, gerade wie einst die Puritaner Anders-Gläubige als Ketzer verurtheilten und Frauen, die ihren religiösen Ansichten nicht huldigten, als Hexen verbrannten. Es waren dies eine Sorte Leute, die von Maine, Vermont, New Hampshire und Oberlin, Ohio, kamen, und leider zur Zeit die Mehrheit der Bevölkerung des Staates bildeten, und dem Staat gleich nach seiner Organisirung den Stempel ihrer Intoleranz aufdrückten, indem sie in der Staatsverfassung erklärten, daß dieser Staat niemals einen Antheil an der Fabrikation von und dem Handel mit berauschenden Getränken nehmen solle.

Die erste Anti-Temperenz-Versammlung, welche im Staate Iowa einberufen wurde, fand bereits am 18. Februar 1852 in Davenport statt. Es war eine Volksversammlung, in welcher der Achtb. Hans Reimer Claussen eine begeisternde Rede gegen Einführung der Zwangsgesetze hielt. Der für mehrere Amtstermine zum Bürgermeister gewählte Deutsche A. F. Mast führte den Vorsitz, und es wurden energische Beschlüsse gegen Prohibition vorgelegt und angenommen. In 1846 wurde der Staat in die Union aufgenommen, zu einer

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Zeit, als es nur zwei große politische Parteien gab, die Demokraten und die Whigs. Sechs Jahre später, durch den Tod von Henry Clay, dem großen Führer, zersplitterte sich die Whig-Partei, und es entstanden die "Free Soilers" - und Abolitionisten-Parteien und auch eine "Knwow-Nothing Partei", welche mehrere Jahre lang, von 1853 an, alle anderen Parteien zu verschlingen drohte. Diese Partei war der Ausbruch des angeborenen Hasses der puritanischen Anglo-Amerikaner gegen alle Ausländer und Andersgläubigen, besonders die Katholiken. Die Verfolgungen der Deutschen und Irländer in den größeren Städten des Landes, und die Gräuelthaten der Know-Nothings in den darauffolgenden Jahren in Cincinnati und Louisville sind geschichtlich geworden und lieferten den Beweis der Intoleranz einer Menschenklasse, deren Vorfahren ihr Stammland wegen Beschränkung ihrer Gewissensfreiheit verlassen hatten, um dann selbst hier ebenso, wenn nicht mehr, intolerant und unterdrückend zu werden, Alles im Namen ihrer einseitigen Religion, die nichts Anderes neben sich dulden wollte. Schreiber dieses war selbst als Knabe wiederholt Augen- und Ohrenzeuge der Schmähungen und Verfolgungen der Deutschen seitens dieser Know-Nothings und gelobte sich damals, wenn zum Mannesalter herangewachsen, die freche Brut zu bekämpfen.

Durch diese Fremdenhasser geschah es, daß die Gesetzgebung des Staates in 1855 den Wählern ein gänzliches Verbotsgesetz unterbreitete, in welchem die Fabrikation, sowie der Verkauf von Wein, Bier und Branntwein bei schweren Strafen untersagt werden sollte, und diese Gesetzvorlage wurde dann auch mit einer Mehrheit von 5000 Stimmen angenommen. Städte, wie Dubuque und Davenport gaben Mehrheiten gegen die Vorlage ab; die Neuengländer im Innern des Staates jedoch, stimmten beinahe einhellig dafür, und somit wurde dieselbe angenommen, zum Fluch des Staates und der wahren Mäßigkeit seither. Wäre die Wahl zwei Jahre später abgehalten worden, so hätten die neuen deutschen Ansiedler, die dann fünf Jahre im Staate gewesen wären, ihre Stimmen abgeben können, und das Staatsverbostgesetz wäre verworfen worden. Unser sonst so schöner und reicher Staate war von Anfang, wie angedeutet, von Fremdenhassern

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beherrscht. Das konnte man sehen, denn in Wisconsin und hernach auch in Nebraska und anderen Staaten konnten Ausländer schon nach nur einjährigem Aufenthalte daselbst bei den vorkommenden Staatswahlen stimmen, während sie in Iowa fünf Jahre warten müssen, bis ihnen dieses Privilegium ertheilt wird. Die Gesetzgebung, welche das erste Verbotsgesetz Iowa's annahm, war wider in der Mehrheit von den Whigs beherrscht. Diese Mehrheit war aus Demokraten, Whigs und Anti-Nebraska Leuten zusammengesetzt, aus denen noch in demselben Jahre die republikanische Partei entstand. Die Whigs und die Letzteren zusammen setzten mit Hilfe von ein paar Demokraten das unglückselige Gesetz durch, welches sich im wahren Sinne des Wortes als ein Unglück für den Staat erwies, indem es die Trunksucht nicht nur nicht verhinderte, sondern, infolge der falschen Verbesserungs-Theorie des Verbotes, ein größeres Verlangen nach der verbotenen Frucht schuf und den heimlichen Suff, die schlimmste Form der Unmäßigkeit, förderte.

Vor Einführung der Prohibition kosteten die Saloon-Lizensen $6.25 das Vierteljahr, oder $25 für das Jahr, und man hörte nur selten Klagen über die Wirthschaften. Dabei hatte aber eine jede Spezereihandlung ein Faß Whisky aufliegen, wo sich ein jeder, der in den Laden kam, unentgeltlich helfen und so viel trinken konnte als er mochte.

Nach dem 4. Juli 1855, als das neue Gesetz in Kraft trat, wurde das anders. Alles war vorbei. Nur ein einziger Mann im County, ein County-Agent, der die "County-Grocery" hielt, durfte geistige Getränke verkaufen und dann nur für "medizinische, mechanische, Küchen- und Kirchenzwecke". Die meisten Apotheker verkauften aber dessenungeachtet, damals wie später, solche Getränke, trotz aller Verbotsgesetze.

In 1858, als die Wogen der Politik höher gingen, und als die damals noch junge, aber im Staate schon in der Mehrheit befindliche republikanische Partei einsah, daß sie ohne die Hilfe der deutschen Stimmen die Mehrheit nicht wieder erhalten konnte, gab es eine Wendung. Im Bewußtsein, daß die Deutschen und die liberal gesinnten Bürger überhaupt das Verbotsgesetz gegen alle geistigen Getränke.

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Bier und Wein eingeschlossen, über Alles haßten und gegen die Urheber sowei gegen die Partei, welche das Gesetz zu vertheidigen suchte, in Davenport, Dubuque und anderwärts offen Front machten, wurde von der nächsten Gesetzgebung, um die fraglichen Stimmen insbesondere die deutschen, der Partei zu erhalten, von der nächsten Gesetzgebung ein Gesetz angenommen, laut welchem in solchen Lokalitäten, wo die Mehrheit dafür war, Bier und Wein und Apfelmost verkauft werden durfte, welche aus in Iowa gezogenenr Gerste, Trauben und Obst hergestellt waren. Das Gesetz war ein rein politischer Kniff seitens der damaligen Politiker, wie Samuel J. Kirkwood, des späteren berühmten Kriegs-Gouverneurs, der in einer republikanischen Berathung die Worte äußerte: "Give the Dutch their Slop!" - "Gebt den Deutschen ihr Spülwasser"! Herr Kirkwood war eben wie die große Mehrzahl der Anglo-Amerikaner, - er glaubte den Deutschen sei das Trinken die Hauptsache im Leben, und wenn man ihnen ihr Bier gebe, so würden sie zufrieden sein; daß es sch hier um einen hochwichtigen Grundsatz handelte, konnte er nicht begreifen. Er sah aber später seinen Irrthum ein und je älter er wurde, desto freier gesinnt wurde er in dieser Beziehung. Anstatt daß das neue Gesetz das Trinken stärkerer Getränke, wie Whisky und Brandy verhinderte, wurde ebenso viel, wenn nicht mehr von demselben getrunken. Es war eben verboten, und weil es verboten war, darum gelüstete es die Leute und besonders den Anglo-Amerikaner danach. Die Wirthe wurden gezwungen - in vielen Fällen gegen ihren eigenen Willen, die stärkeren Getränke zu halten, denn mit Bier allein hätten sie nicht bestehen können. Somit wurde in fast allen Schanklokalen, trotz der hohen Strafe, unter dem Namen "ein Kurzer", oder als Wein oder Cider der Branntwein verkauft. Dann und wann wurden die Wirthe angeklagt und in stark anglo-amerikanischen Lokalitäten bestraft; das Verkaufen der verbotenen Getränken dauerte aber trotzdem fort. In den Städten, in welchen gar keine Concession zum Verkauf der leichteren Getränke ertheilt wurde, gab es Lokale, gewöhnlich in Apotheken, die vor Inkrafttreten des abgeänderten Verbotsgesetzes gewöhnlich County-Agenturen und als solche allein befugt waren, berauschende Getränke zu verkaufen. In diesen Lokalen wurde nun der

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Schnaps als Medizin verkauft, und somit ein heimliches Trinken angebahnt, ein Gebrauch, der sich bis heute erhalten hat.

Die Agitatoren für gänzliche Unterdrückung der Herstellung von allen alkoholischen Getränken und des Handels mit solchen hatten täglich ihre Berathungen, um ihre Ideen durchzusetzen. Viele derselben waren aufrichtig und ehrlich in ihrem Kampf gegen "die Rum-Macht", wie sie die Schankwirthe, die Brauer u. s. w. nannten. Sie glaubten, sie wären im Recht, und daß alles Böse, alles Schlimme und Verwerfliche ausschließlich von dem Genuß stimulirender Getränke herrühre. Mohamed dachte und lehrte dasselbe, und es giebt kein Volk in der Welt, welches sich ein civilisirtes nennt und das sittlich und moralisch tiefer versunken ist, als das, welches seine Lehren aus dem Koran zieht, den Wein verschmäht und dafür das tausendfach mehr schädliche Hashish gebraucht.

Zur Zeit Christi gab es eine Sekte, welche wie die Temperenzler heutzutage gänzliche Enthaltsamkeit predigte und einen Jeden, der Wein trank, verachtete, ja sogar Christus einen Weinsäufer und Vielfraß schmähte. Diese einseitigen Extremisten konnten es dem Herrn und Meister nicht verzeihen, daß er bei der Hochzeit von Canaan in seiner Allmacht Wasser in Wein verwandelte. Aehnlich und ebenso intolerant und verfolgungssüchtig wurden nach und nach die Sons of Temperance, die Good Templars und die sonstigen, derartigen Verbände. In den ersten Jahren beschränkten sie sich auf Ueberredungs-Versuche (Moral Suasion), Flugschriften, Kanzelreden u. s. w.; später aber griffen sie zur Macht des Gesetzes. Was sie nicht mit Gründen durchsetzen konnten, wollten sie durch Strafgesetze erzwingen. Es war diese Unduldsamkeit, die von den Puritanern in Neuengland herrührt, die Alles: die Religion, die Moral, die Sittsamkeit u. s. w. durch Gesetze erzwingen wollten, welche das erste Verbostgesetz schuf. Dasselbe ist ein direkter Nachkomme der berüchtigten "Blauen Gesetze" Neu-Englands, welche es straffällig machten, wenn ein Junge oder ein Mädchen am Sonntag laut lachte oder schnell lief, wenn ein Mann seine Frau am Sonntag küßte und andere derartige der persönlichen Freiheit Hohn sprechende Verbote mehr enthielten. Sie glaubten, daß was die Familienväter oder die Eltern

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nicht im Stande waren zu vollbringen, der Staat in die Hand nehmen und vollziehen müsse. Neal Dow in dem Staate Maine, welcher der Urheber der Verbotsgesetze in Amerika war und der in 1898 starb, lebte in einer Atmosphäre engherzigen, unduldsamen Puritanerthums, welche jahrein, jahraus nichts Anderes als die Lehre der völligen Unterwerfung des Geistes, der Seele und des Herzens unter die Dogmen predigte, die ihnen von ihren Seelenhirten und Aeltesten eingeprägt worden. Diese Sorte Menschen meinten es wohl ehrlich und aufrichtig, sie haben aber der Welt und der Menschheit nur Zwietracht und Verderben gebracht. Die Trunksucht ist ein schlimmes Uebel, sie erzeugt viel Kummer und Elend; die Verbotsgesetze haben aber die schlimmste Art des Trinkens und somit das größte aller Uebel geschaffen - den heimlichen Suff. Die Lehre, daß es unsittlich und unmoralisch sei, geistige Getränke öffentlich zu genießen und besser, dieselben in geheimen Schränken, in abgelegenen Plätzen, hinter Gardinen u. s. w. zu halten und da ungesehen dran zu "nippen", hat hunderttausend Apotheken in Amerika zu Schankwirthschaften und die Menschen zu Heuchlern gemacht und Hunderttausende an das Trinken stärkerer, statt leichterer Getränke gewöhnt.

Die Neal Dow'schen Apostel setzten ihre Wühlarbeit stetig fort. Durch ihr unermüdliches Wirken wurden die Legislaturwahlen beeinflußt, so daß die Mucker nach und nach immer mehr Gewalt bekamen und in Stand gesetzt wurden, von einer Gesetzgebung zur andern neue Verschärfungen des Verbotsgesetzes durchzusetzen. Die Strafen für Uebertretungen desselben wurden erhöht. Wirthe, welche verklagt wurden, das Gesetz übertreten zu haben, wurden gezwungen, die Beweise ihrer Schuldlosigkeit zu liefern, anstatt daß die Kläger die Beweise liefern sollten, daß die Wirthe ungesetzlich gehandelt hatten. Charakterlose Advokaten benutzten das Gesetz, unter dem Deckmantel der Moral und der Kirche die Wirthe zu "rupfen" und so viel Geld wie möglich von ihnen zu erpressen, und da viele dieser Rechtsverdreher in die Gesetzgebung gewählt wurden, so wurde das Gesetz von Zeit zu Zeit immer mehr zu Gunsten der Winkeladvokaten und von Sporteln lebenden Gerichtsbeamten gestaltet. Die Wirthe mußten höhere Bonds (Bürgschaft) beibringen, sie wurden verantwortlich

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gemacht, wenn ein Mann zu viel getrunken hatte und dann in seiner Betrunkenheit ein Vergehen oder Verbrechen beging, selbst wenn der verklagte Wirth ihm nur ein Glas, oftmals gar keines der verbotenen Getränke gegeben hatte. Klagen auf Klagen kamen vor und ruinirten viele gute und anständige Wirthe, die oftmals durch schlechtere, weniger charakterfeste Leute ersetzt wurden, die Nichts zu verlieren hatten, und nur darauf ausgingen, so viel aus dem Geschäft zu machen, wie sie konnten. Die Lage der Wirthe wurde immer schlimmer. Die Agitation gegen sie war beständig, und so kam es, daß außerhalb der größeren Städte, wo die in Auslande Geborenen numerisch zu schwach waren, um bei den Wahlen den Ausschlag zu geben, die Wirthe von Jahr zu Jahr der Gefahr ausgesetzt waren, daß die Gemeindebehörden ihnen ihre Gerechtsame (Licensen) entziehen würden, was wiederholt geschah. In vielen Städten im Innern des Staates vergingen oft ein und zwei Jahre, während deren keine offene Wirthschaft geführt werden durfte, so daß wieder nur in geheimen Clubs oder Gesellschaften und in den Apotheken getrunken wurde. Es war ein beständiger Kampf, der von Jahr zu Jahr wieder aufgenommen wurde und bei allen Lokalwahlen eine immer schlimmer werdende Erbitterung und Gehässigkeit unter den Bürgern erzeugte. Nachbar wurde gegen Nachbar gehetzt; alte Freunde wurden in bittere Feinde verwandelt, und anstatt in Frieden und Eintracht, lebten die Bürger in den kleineren Ortschaften des Staates in beständigem Hader und Zwist.

Zu dieser Zeit vermehrten sich die schon früher von den Temperenz-Zeloten, gewöhnlich Sensationspredigern, die sonst keine Gemeinde zusammen halten konnten, in Gang gesetzten Kreuzzüge gegen die Schankwirthschaften. Die genannte Sorte von Geistlichen wußte ihre Zuhörer derart aufzureizen, besonders den weiblichen Theil derselben, daß sie oft von ihren Gotteshäusern in Reih und Glied fortmarschirten durch die Straßen, und unter Singen und Beten die Wirthschaften stürmten, wo sie alle geistigen Getränke auslaufen ließen und Tische, Stühle und die sonstige Einrichtung zertrümmerten. Es waren meistens Frauen, die so von ihren fanatischen Seelsorgern aufgehetzt und angestachelt wurden, und die in ihrer Verblendung oder

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geistigen Ueberreizung Thaten begingen, deren sie sich später schämten und die sie bedauerten.

Wie nicht anders zu erwarten, erstreckte sich zuletzt der Kampf wegen des Verbotsgesetzes von der Lokalpolitik auf die Staatspolitik, und die zwei großen Parteien, die republikanische und die demokratische, nahmen Stellung zu demselben. Die Temperenzler hatten sich schon bald nach der Gründung der republikanischen Partei von Iowa in 1855 zu den Republikanern geschlagen und an dieser Partei festgehalten, weil dieselbe die dominirende war, und sie deshalb ihre Zwecke und Absichten durch sie besser als durch die demokratische erreichen konnten. Sie zwangen die republikanischen Politiker durch ihr beständiges Wühlen, ihre Partei nach und nach immer ausgesprochener temperenzlerisch zu machen, und wie dann in 1847 in der demokratischen Staats-Convention, welche in Des Moines abgehalten wurde, ein Versuch gemacht wurde, einen Beschluß zu Gunsten des Widerrufs des Verbotsgesetzes durchzusetzten, und derselbe einen heftigen Kampf hervorrief, wurden die republikanischen Parteiführer durch das stete Zureden der Temperenzler bewogen, sich ausgesprochen deren Ansichten anzuschließen, so ungern Manche von ihnen es auch thaten. Sie fürchteten eben die Termperenzler mehr als die Anti-Temperenzler. Die demokratische Partei nahm in ihrer Staats-Convention in 1857 eine Erklärung zu Gunsten eines vernünftigen Licensgesetzes statt eines Verbotsgesetzes an, und die Republikaner stellten sich auf das Temperenz-Prinzip, gegen Licens. So ging es von Jahr zu Jahr bis 1877. In ihrer Staats-Convention in diesem Jahr nahmen die Republikaner nachstehenden Beschluß in ihre Platform auf:

"Beschlossen, daß wir zu Gunsten der strengsten Durchführung unseres gegenwärtigen Liqueur-Verbotsgesetzes sind und für irgend welche Amendements dazu, welche dessen Bestimmungen wirksamer zur Unterdrückung der Unmäßigkeit machen  können."

In besagtem Jahr hatten die Temperenzler ihr eigenes Staats-Ticket aufgestellt, trotz dieser Erklärung seitens der Republikaner, und dasselbe erhielt 10,545 Stimmen.

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In 1878 nahm die republ. Staats-Convention nachfolgende Planke an:

"Beschlossen, daß persönliche Temperenz eine empfehlenswerthe Tugend eines Volkes ist; die praktische, populäre Bewegung, welche gegenwärtig die Mäßigkeit so wirksam fördert, hat deshalb unsere höchste Achtung, Sympathie und Billigung."

In 1879 nahm die republikanische Staats-Convention nachfolgenden Beschluß an:

"Daß wir die Stellung der republikanischen Partei in der Frage der Temperenz und Zwangsmaßregeln, wie bisher ausgedrückt, neuerdings bestätigen, und daß wir die wohlthätige Wirksamkeit der Reform-Clubs und anderer Organisationen zur Beförderung der persönlichen Temperenz mit Wohlwollen begrüßen; damit die Frage über Zwangsmaßregeln auf unparteiischem Wege geschlichtet werden mag, befürworten wir, daß dem Volke bei einer speziellen Wahl ein constitutionelles Amendement, welches die Fabrikation und den Verkauf aller geistigen Getränke innerhalb des Staates verbietet, zur allgemeinen Abstimmung vorgelegt werde."

Dieser Beschluß wurde in Bausch und Bogen von einer geringen Mehrheit der Delegaten angenommen, und zwar in einem Augenblick, als die Convention in einem wahren Tumult darüber war und viele ob des Lärmens, des Heulens und des Geschreies nicht wissen konnten, was der Beschluß eigentlich bedeute. Dennoch gab derselbe den Anstoß zu einem langen und mit immer steigender Erbitterung geführten Kreuzzug gegen die Fabrikation und den Verkauf von geistigen Getränken. Die republikanischen Redner vertheidigten ihren neuen politischen Grundsatz und die Demokraten nahmen den entgegengesetzten Standpunkt ein. Die eine Partei stellte sich auf den Grundsatz der höheren Moral und Sittlichkeit und die andere auf das Prinzip der persönlichen Freiheit. Die letztere gewann hie und da von Jahr zu Jahr einzelne Vorpostengefechte, d. h. erwählte in Anbetracht der beständigen Temperenz-Verfolgungen, mehrere anti-temperenzlerische Gesetzgeber und County-Beamten, konnte aber doch nie im ganzen

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Staate die Oberhand erlangen. Die Kriegsfragen waren von den Republikanern dem Volke noch immer als ein Gespenst vorgehalten worden, und unter dem Wahlruf, daß wenn die Demokraten siegten, die Rebellen wieder zur Herrschaft gelangen würden und das Land die Rebellionsschulden bezahlen müsse, stimmte die große Mehrheit das republikanische Ticket. Die Deutschen ebenfalls, denn die große Mehrheit gehörte bis zu dieser Zeit zur republikanischen Partei. Somit blieb diese Partei am Ruder im Staat und konnte schalten und walten nach Belieben. Wie bereits erwähnt, fürchteten damals die Parteiführer die liberalgesinnten Stimmgeber, die Deutschen, nicht, denn dieselben hatten von Jahr zu Jahr bewiesen, daß sie fest zur Partei hielten, ganz gleich, welche Stellung dieselbe in der Temperenzfrage einnahm. Die Temperenzler dagegen fürchteten sie, da dieselben eine Organisation hatten und der Partei mit ihrem Austritt drohten, falls man sich ihren Wünschen nicht fügte. Es war diese Furcht von den Prohibitionisten, welche deren Sieg in der erwähnten Convention möglich machte.

Der nun erwähnte Prohibitions-Beschluß war ein zweischneidiges Schwert für die republikanische Partei. Derselbe befriedigte die extremen Temperenzler nicht, und die deutschen Republikaner fingen an einzusehen, daß man mit der Partei brechen müsse, um die Verschärfung des Verbotsgesetzes zu verhindern. Sie erblickten zugleich in dem Beschluß eine drohende Gefahr für die individuellen Rechte der Bürger. Es war dieses der Zeitpunkt, in welchem eine feste Organisation aller Gegner der Prohibition des Staates gegründet werden sollte. Die leitenden deutschen Zeitungen sahen dieses ein und agitirten dafür, d. h. diejenigen, welche sich von der republikanischen Partei losreißen durften. Auch waren sehr viele Anglo-Amerikaner bereit, sich dem liberalen Element anzuschließen. Es wurden auch dahinzielende Versuche gemacht. Schreiber dieses organisirte auf eigene Faust, ohne dazu beauftragt worden zu sein, 80 liberale Ligas im Staate, und diese Agitation wäre auch erfolgreich gewesen, wenn man die Sache durchweg richtig angepackt, nämlich mit der republikanischen Partei förmlich gebrochen hätte. Aber so wollte oder durfte man es nicht wagen, den Leuten zu sagen, sie sollten demokratisch stim-

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men, denn das hätte die liberalgesinnten Republikaner vor den Kopf gestoßen, und sie würden sich am Ende von der Bewegung zurückgezogen haben. Und doch hätte das Erstere geschehen sollen. Man hätte der republikanischen Partei sofort den Krieg erklären und sich, wenigstens zeitweilig, der demokratischen Partei anschließen sollen, um der dominirenden Partei zu zeigen, daß sie die Macht des liberalen Elementes unterschätzte, als sie sich den Befehlen der Temperenzler unterwarf. Es kam später, leider als es zu spät war, vor, und nachdem das unglückselige Verbots-Amendement zur Staatsverfassung dem Volke unterbreitet und angenommen worden war. Dann erst sah man allgemein unter den Deutschen die Nothwendigkeit  eines Bruches mit der republikanischen Partei ein; das Pferd war aber fort, und es nützte Nichts mehr die Stallthüre zu schließen. Die Freiheit war uns geraubt worden, und die Einsicht kam zu spät.

In einer Staats-Convention der Wirthe, Brauer und Liqueurhändler, welche am 30. Juli 1879 in Des Moines abgehalten wurde und der sich auch sonstige freigesinnte Gegner der Zwangsgesetze angeschlossen hatten, wurde ein Staats-Protektiv-Verein organisirt, der nachgenannte Beamte wählte:

J. F. Dougherty, Präsident.
John Baumann, Vice-Präsident.
Louis Fritz, Sekretär.
C. Magnus, Schatzmeister.

Executiv-Comite.

  1. Congreß-Distrikt: Christ. Geyer.
  2.      "            "        John Noth.
  3.      "            "        Adam Glab.
  4.      "            "        P. Fosselmann.
  5.      "            "        John Xaniten.
  6.      "            "        Kinsey Jordan.
  7.      "            "        M. McTigh.
  8.      "            "        L. Kiescht.
  9.      "            "        John Hormack.

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Eine Reihe geharnischter Beschlüsse wurde von einem aus folgenden Herren zusammengesetzten Comite verfaßt und von der Convention mit Begeisterung angenommen:

Louis Fritz, Wm. Trimble, David Hodge, H. A. Zangs, Gustav Haerling, T. E. Müller, C. Geise, C. Magnus und Joseph Eiboeck.

Die Republikaner siegten in dieser Wahl mit beinahe 80,000 Stimmen Mehrheit.

Die politischen Kämpfe in Iowa in den Jahren 1880 und 1882 waren die lebhaftesten und erbittertsten, welche der Staat jemals erlebt hat. Selbst die Campagnen vor dem Rebellionskrieg und unmittelbar nach demselben wurden in den Schattten gestellt, und wie bereits angedeutet, wenn es nicht wegen der Kriegsfrage, oder wie man es nannt, wegen "des blutigen Hemdes" gewesen wäre, so würden die Republikaner in beiden Jahren geschlagen worden sein. Aber immer noch stimmte eine gewisse und nicht geringe Anzahl der deutschen Republikaner mit ihrer Partei.

Die demokratische Convention hatte in ihrer Staats-Convention in Council Bluffs nachfolgenden Beschluß angenommen:

"12. Beschlossen, daß die demokratische Partei von Iowa die Mäßigkeit zu fördern sucht, und da sie gegen den unbeschränkten Verkauf von Liqueuren ist, befürwortet sie ein vernünftiges Licensgesetz."

In der Gesetzgebung von 1880 wurde infolge des republikanischen Parteibeschlusses ein Vorschlag angenommen, zur Abänderung der Staatsverfassung durch einen Zusatz, welcher die Fabrikation und den Verkauf von berauschenden Getränken in Iowa verbietet.

Die einzigen, die im Haus dagegen stimmten, waren die Repräsentanten Beach, Belfrage, Bloom, Caldwell, Casey, Duncombe, Egbert, Ehl, Glasgow, Knight, McGregor, Mackey, Müller, O'Brien, Richardson von Jackson, Seaman, Simpson, Van Staden, Wadleigh und Wolf - im Ganzen 21 Stimmen, mit Ausnahme von Glasgow, McGregor und Müller sämmtlich Demokraten; die andern 79, sämmtlich Republikaner, stimmten für das Amendement.

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In derselben Gesetzgebung wurde auch ein Amendement zu Gunsten der Einführung des Frauenstimmrechts im Haus mit 56 dafür und 24 Stimmen dagegen angenommen.

Im Senat wurde das Verbots-Amendement mit folgender Abstimmung angenommen. Dafür: Arnold, Boling, Chase, Clark, Dashiel, Ford, Gaylor, Gillett, Coodekoontz, Greenlee, Harmon, Hartshorn, Hemenway, Johnson von Mahaska, Johnson von Winnesheik, Kimball, Lawrence, Llewellen, Meyer, Nichols von Guthrie, Prizer, Russell von Jones, Turrill, Traverse, Wall, Webb, Wilson, Woolson, Wright und Young - 30 Stimmen, sämmtlich Republikaner. Dagegen stimmten: Foster, Garber, Ham, Haines, Harned, Hebard, Henderson, Keller, Larrabee, Madson, Merrell, Mitchell, Nichols von Benton, Nielander, Patterson, Russell von Greene, Shelley und Spencer - 19. Abwesend war Senator Hanna. Die Senatoren Foster, Garver, Larrabee, Nielander und Shroder waren Republikaner. Russell von Greene war unabhängiger Republikaner. Die Andern waren Demokraten.

Das Frauenstimmrechts-Amendement wurde im Senat verworfen aus Furcht, das Verbots-Amendement würde darunter leiden.  Da ein Beschluß zur Abänderung (Amendirung) der Verfassung von zwei nach einander folgenden Gesetzgebungen angenommen werden muß ehe die betr. Frage zur Urabstimmung kommen kann, gab es einen lebhaften Kampf in 1881.  In ihrer Staats-Convention von 1881 erklärten die Republikaner:

"In Uebereinstimmung mit der unbedingten Gerechtigkeitsliebe der republikanischen Partei, sowie mit den Gelübden und Versprechungen, welche diese in ihrer Platform gemacht und gegeben hat, erklären wir, daß die Forderung der Platform von 1879 für die Unterbreitung des sogenannten Prohibitions-Amendements zur Staats-Verfassung zu einer Volksabstimmung bei einer speziellen und unparteiischen Wahl erfolgen solle u. s. w."

Voraussehend, daß das Amendement zur Unterbreitung kommen würde, organisirten sich die liberalen Stimmgeber. Die bedeu-

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tendste, öffentliche Berathung des ganzen  Prohibitionskampfes fand am 22. November 1881 in Iowa City statt. Die Convention war auf Nachmittag anberaumt, um aber die Sache so schnell wie möglich zu fördern, wurde Vormittags schon eine Vorberathung abgehalten.

In dieser Vorversammlung wurden Herr J. J. Snouffer, von Cedar Rapids, als Vorsitzer und die Herren Gust. Regier, von der Burlington "Iowa-Tribüne" und Prof. Max Otto, von der "Iowa City Post" als Sekretäre erwählt. Herr Snouffer, der ein bekannter Mühlenbesitzer ist, hielt eine kräftige Rede, in der er auf die Gefahren des Verbots-Amendements hindeutete und ernstlich auf eine Organisation drang. Auch die Herren Daniel Harker, Col. P. G. Ballingall, J. P. Stibolt und J. Eiboeck hielten Ansprachen, und darauf wurden folgende Ausschüsse ernannt:

Für Prüfung der Beglaubigungsschreiben: Capt. A. Peterson von Creston, G. C. Spreen von Fort Madison und Georg Williams von Cedar Rapids.

Für Abfassung von Beschlüssen: Achtb. J. P. Irish von Iowa City, Joseph Eiböck von Des Moines, A. H. Hagemann von Burlington, S. R. Cheadle von Ottumwa und Robert Raim von Council Bluffs.

Für permanente Organisation: P. G. Ballingall von Ottumwa, Ch. Magnus von Cedar Rapids und E. Derr von Creston.

In der Nachmittagssitzung berichtete der Ausschluß für Prüfung der Beglaubigungsschreiben, daß 39 Counties des Staates durch 65 Delegaten vertreten seien.

Nachfolgend ist das Verzeichniß der Delegaten: Henry Spreen, Lee County; Charles Mathes, A. Hagemann, G. Regier, Des Moines Co.; G. W. Franzell, Hon. Henry Funk, Dan. Harker, Muscatine Co.; Hon. J. P. Irish, Geo. J. Boal, Sam. D. Pryes, Red. C. E. Burnett, Max Otto, Hon. M. Bloom, J. M. B. Letovsky, Johnson Co.; Prof. Lerch, (Mineola) Mills Co.; Jospeh Eiböck, W. H. Smythe, Louis Fritz, Polk Co.; Capt. A. Peterson, Ad. Derr, Eugene Braunberger, Union Co.; Col. P. G. Ballingall, S. R. Cheadle, W. Keaner, Wapello Co.; August Herkel, Vertreter für Kohn und Adler; Aug. Luett, Vertreter für C. Tegeler und Co.;

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Peter Fries von Rock Island; D. Heist, R. F. Raim, Pottawatamie Co.; Ferd. Roddewig, John P. Stibold, Math. French, J. J. Schnaufel, Scott Co.; Jeo. Williams, Conrad Lose, C. Magnus, F. Perkel, Joseph Schneider, Joseph Stolarch, Linn Co., C. Carr, Chickasaw County.

Der Ausschuß für permanente Organisisrung beantragte, daß Herr P. G. Ballingall von Ottumwa zum permanenten Vorsitzenden, und die temporären Sekretäre zu permanenten gewählt werden sollten.

Die Versammlung nahm den Antrag an, Herr Ballingall übernahm den Vorsitz und richtete eine gehaltvolle Rede an die Versammlung, welche von derselben mit großem Beifall aufgenommen wurde.

Herr John P. Irish, der Vorsitzende des Ausschusses für die Abfassung von Beschlüssen, verlas sodann die nachstehenden Beschlüsse, welche von der Versamlung einstimmig angenommen wurden:

"Nachdem eine Mehrheit der Mitglieder beider Häuser der Gesetzgebung des Staates Iowa sich verpflichtet hat, das sogenannte Prohibitions-Amendement dem Volke zur Austimmung vorzulegen, und da somit das Volk binnen Kurzem aufgefordert werden wird, zu entscheiden, ob die Fabrikation und der Verkauf berauschender Getränke, einschließlich Wein, Bier und Cider durch die Constitution verboten werden soll oder nicht; und

Nachdem die Befürworter der Annahme einer solchen Maßregel im ganzen Staate bis hinab in jeden Schulbezirk organisirt sind, während die Gegner der Maßregel, obgleich sie zweifellos eine Mehrheit der Bewohner des Staates bilden, jeder Organisation entbehren, und es bei dem Mangel eriner solchen möglich ist, daß sie am Stimmkasten geschlagen werden und indem wir glauben,

Daß der Geist des vorgeschlagenen Amdendements unseren republikanischen Institutionen widerstrebt, und denselben verderblich ist;

Daß, wie offizielle Daten beweisen, Zwangsgesetze niemals ihren Zweck erfüllt haben und denselben niemals erfüllen werden;

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Daß die Controlle des Handels mit geistigen Getränken der Polizei zusteht, und von ihr nach Maßgabe der lokalen Verhältnisse ausgeübt werden sollte;

Daß die landwirthschaftlichen, industriellen und Handels-Interessen unserer Bevölkerung durch die Annahme des vorgeschlagenen Temperenz-Amendements empfindlich geschädigt werden würden, ohne daß diesem Schaden irgend welcher Nutzen gegenüber gegenüber stände;

Daß schließlich jetzt die Zeit gekommen ist, um energisch Front zu machen gegen die gefährliche, moderne Tendenz politischer Körperschaften eine anzuzweifelnde Herrschaft sich anzumaßen, und ohne Grenzen und ohne Unterschied Gesetze zu machen, welche im direkten Gegensatz zu den frühesten Lehren der Republik stehen, darum

Beschließen wir, die Delegaten der Anti-Prohibitionisten im Staate Iowa; versammelt in einer Staats-Convention:

Daß wir alle ehrlichen Mittel anwenden wollen, um das vorgeschlagene Prohibitions-Amendement am Stimmkasten zu besiegen;

Daß wir zu diesem Zwecke, und allein zu diesem Zwecke, einen Anti-Prohibitions-Club bilden, und die Bildung solcher Clubs in allen Counties des Staates empfehlen.

Daß die Organisation streng neutral der Partei-Politik gegenüber sein soll, und daß wir daher alle, welche unsere Ansicht theilen, ohne Rücksicht auf ihre politischen Ansichten herzlich einladen, sich uns anzuschließen, und daß wir zuversichtlich ihren Anschluß erwarten.

Daß diese Convention einen Central-Ausschuß von je einem Mitgliede von jedem Congreß-Bezirke ernennen, und daß dieser Centralausschuß mit der Macht ausgerüstet sein soll, alle Einzelheiten der Organisirung und die Leitung des Wahl-Kampfes anzuordnen."

Im Sinne der vorstehenden Beschlüsse wählte die Versammlung die nachgenannten Herren zu Mitgliedern des Staats-Central-Ausschusses:

[Seite 138]

  1. Congreß-Wahlbezirk: Theodor Gülich von Burlington.
  2.       "           "               Nicht vertreten.
  3.       "           "               John McNevin, Chickasaw County.
  4.       "           "               Moses Bloom, Iowa City.
  5.      "            "               R. L. Tilton, Ottumwa.
  6.      "            "               Joseph Eiböck, Des Moines.
  7.      "            "               J. G. Kelly, Millls County.
  8.      "            "               Prof. F. Barth, Sioux City.

Dieser Central-Ausschuß bildete denn auch während des Kampfes in den drei Monaten vor der Volksabstimmung die Organisation der respektiven Congreßbezirke; Herr Gülich war Vorsitzer desselben.

Beschlüsse wurden ferner angenommen, nach welchen:

1) Jeder Delegat zu der Versammlung einen Dollar beizutragen hatte, damit die Beschlüsse der Versammlung gedruckt und in einer möglichst großen Auflage vertheilt werden könnten.

2) Der Vorsitzende ermächtigt wurde, Vakanzen in der Mitgliedschaft des Centralausschusses durch Ernennung auszufüllen.

3) Daß Herr Theodor Gülich ermächtigt wurde, den Central-Ausschuß zu dessen Sitzungen einzuberufen.

Die Republikaner wie die Demokraten gingen eifrig daran, die nächste Gesetzgebung zu gewinnen, und in diesem Kampfe standen alle deutschen Zeitungen des Staates vereint zusammen; jedoch allein konnten sie die Schlacht nicht gewinnen. Ihre anglo-amerikanischen Gesinnungsgenossen, die mit ihnen die republikanische Partei verlassen hatten, zauderten und hielten zurück und Viele von ihnen stimmten gar nicht. Das Resultat war ein Sieg der Republikaner und ein Sieg der Prohibitionisten, wie es sich später herausstellte; denn obwohl die Mitglieder der Gesetzgebung in dieser Frage fast gleicmäßig getheilt waren, hatten die Temperenzler die bessere Organisation. Unter dem eifrigen Zureden der Temperenzprediger und der Temperenzfrauen und unter dem Geschrei, das Volk habe das Recht zu entschieden, ob der Staat ein Verbotsgesetz haben solle oder nicht, wurde die Abänderung oder wie man es nannte, ein Amendements-Beschluß, in den beiden Häusern der Gesetzgebung von 1882 angenommen, und zwar mit nachstehender Stimmenabgabe: Im Haus stimmten 65 dafür und 29

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dagegen; im Senat 32 dafür und 15 dagegen. Der 27. Juni wurde als der Tag bestimmt, an welchem die Volksabstimmung stattfinden sollte.

Hierzu muß bemerkt werden, daß das Amendement durchgefallen wäre, wenn gewisse Republikaner, welche mit Hilfe demokratischer Stimmen gewählt worden waren in der Meinung, freisinnige Reublikaner könnten in einer republikanischen Gesetzgebung mehr bezwecken als Demokraten, ihr Wort gehalten hätten. Da waren z. B. der Senator Caron und die Repräsentanten Clayton und Davis von Pottawatamie County, welche sozusagen direkt von dem liberalen Element erwählt worden waren auf ihr öffentliches und heiliges Versprechen hin, nie und nimmer für das Prohibitions-Amendement stimmen zu wollen, die aber bei jeder Abstimmung in der Gesetzgebung für dasselbe stimmten trotzdem die hervorragendsten Bürger beider Parteien von Council Bluffs und Avoca nach Des Moines kamen und sie an ihr Versprechen erinnerten und sie beschworen, dasselbe nicht zu brechen. Ihre Antwort war aber: "Unsere Partei hat den Beschluß gefaßt, und wir sind nun verpflichtet, für das Amendement zu stimmen."

Darauf folgte noch im selben Jahr, 1882, der Hauptkampf vor dem Volke über das Amendement, über das am 27. Juni abgestimmt und das mit 29,759 Stimmen Mehrheit angenommen wurde. Die Abstimmung in den einzelnen Counties resultirte, wie folgt:

Counties

Für

Gegen

Adair

1,515

904

Adams

1,157

820

Allamakee

1,151

1,803

Appanoose

2,162

748

Audubon

807

779

Benton

2,198

2,081

Blackhawk

2,226

1,755

Boone

2,205

1,413

Bremer

1,268

1,302

Buchanan

1,862

1,201

Buena Vista

1,064

342

Butler

1,662

820

Calhoun

985

344

Carroll

1,138

1,556

Cass

1,826

1,725

Cedar

2,191

1,224

Cerro Gordo

1,451

640

Cherokee

1,151

352

Chickasaw

1,382

1,068

Clarke

1,611

452

Clay

707

330

Clayton

1,823

2,965

Clinton

2,629

3,537

Crawford

958

977

Dallas

2,450

1,055

Davis

1,362

1,366 [p. 140]

Decatur

1,340

1,137

Delaware

1,803

1,355

Des Moines

1,917

3,653

Dickinson

374

102

Dubuque

1,223

6,283

Emmet

214

29

Fayette

2,371

1,528

Floyd

1,381

1,457

Franklin

1,071

557

Fremont

1,563

1,126

Greene

1,572

773

Grundy

1,555

863

Guthrie

1,933

811

Hamilton

1,344

652

Hancock

409

206

Hardin

2,175

979

Harrison

1,701

1,330

Henry

2,028

1,226

Howard

730

835

Humboldt

615

351

Ida

916

253

Iowa

1,192

1,566

Jackson

1,609

2,356

Jasper

3,148

1,360

Jefferson

1,774

1,284

Johnson

1,770

2,608

Jones

2,484

1,179

Keokuk

1,873

2,321

Kossuth

706

625

Lee

2,290

3,552

Linn

4,434

2,830

Louisa

1,595

...

Lucas

1,529

693

Lyon

259

101

Madison

1,966

1,103

Mahaska

2,761

1,855

Marion

2,427

1,811

Marshall

2,538

1,798

Mills

1,327

1,018

Mitchell

1,200

881

Monona

853

399

Monroe

1,284

700

Montgomery

1,832

671

Muscatine

2,114

2,023

O’Brien

719

278

Osceola

394

168

Page

2,206

965

Palo Alto

511

306

Plymouth

750

1,186

Pocahontas

449

204

Polk

4,630

2,519

Pottawattamie  

2,576

3,468

Poweshiek

2,211

1,048

Ringgold

1,640

570

Sac

1,383

548

Scott

1,467

5,197

Shelby

1,313

1,231

Sioux

432

558

Story

1,921

553

Tama

2,244

1,477

Taylor

1,656

654

Union

1,687

1,008

Van Buren

1,543

1,543

Wapello

1,465

2,498

Warren

2,131

1,173

Washington

2,201

1,679

Wayne

1,849

1,007

Webster

1,498

1,260

Winnebago

557

89

Winnesh[ie]k

1,411

1,696

Woodbury

1,163

1,220

Worth

784

350

Wright

397

401

Zusammen

155,436

125,677

Mehrheit für

29,759

 

Die Gegner des Amendements organisirten sich zu diesem Haupttreffen. Berathungen wurden in Davenport, Burlington, Dubuque und Des Moines abgehalten, an denen sich die Brauer des Staates Iowa, die sämmtlichen Liqueurhändler und hervorragenderen Wirthe

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allgemein betheiligten. Sie hatten auch die Hilfe und Mitwirkung solcher bekannten anglo-amerikanischen Republikaner wie Horace Boies, der später zweimal zum Gouverneur gewählt wurde, A. B. Cummins, Senator Bills und vieler anderer angesehener Republikaner.

Englische und deutsche Volksredner und Organisatoren wurden durch den ganzen Staat geschickt und Alles gethan was möglich war, um die Sturmeswellen der Prohibition zurückzutreiben und den Staat frei zu machen, aber vergeblich. Während viele Republikaner gegen das Amendement stimmten, und viele andere gar nicht zum Stimmkasten gingen, stimmten Tausende - man sagt und nicht mit Unrecht, daß 30,000 - Demokraten, besonders Irländer, für das Amendement stimmten, aus Rache gegen die Deutschen, weil denselben in 1858 die Concession des Bieres gegeben, ihnen aber der Whisky entzogen worden war, und weil die Deutschen, oder doch viele von ihnen, so lange ohne Wanken das republikanische Ticket gestimmt hatten. Dazu gesellte sich noch der Umstand, daß die schwedische Synode der luth. Kirche und hernach auch die Methodisten-Konferenzen und mehrere andere protestantischen Kirchenzusammenkünfte sich für die Annahme des Prohibitionsgesetzes erklärten und dadurch gewissermaßen ihre Kirchenglieder verpflichteten, für die Maßregel zu stimmen.

Wie schon angedeutet, war eine bedeutende Anzahl der Irländer für das Verbotsgesetz eingenommen, weil ihnen in 1858 der Whisky genommen und den Deutschen das Bier gelassen worden war. Und so sah man am Wahltage Irländer und amerikanische Schankwirthe mit Blumen und Bändern von Temperenzfrauen geschmückt den ganzen Tag für das Amendement arbeiten. Ein wirklicher Meinungsausdruck des Volkes über die Prohibition war die Abstimmung deshalb nicht, und wäre eine nochmalige Wahl in demselben Jahre oder seither anberaumt worden, so wäre das Amendement mit einer viel größeren Stimmenmehrheit niedergestimmt worden.

Die Republikaner waren zuerst Schuld, daß das Amendement jemals aufkam und von der Gesetzgebung dem Volke zur Abstimmung unterbreitet wurde. Auch stimmte die Mehrheit der Republikaner dafür; das Amendement wäre aber dennoch nicht angenommen worden, wenn nicht gewisse demokratische Parteiführer den Falschen gespielt

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und heimlich für das Amendement gearbeitet hätten, um der republikanischen Partei eine Schlappe zu geben und sich zugleich an den republikanischen Deutschen zu rächen. Die Prohibitionsfrage war zu einer guten Milchkuh für die Demokraten geworden, und sie wollten dieselbe nicht verlieren. Dennoch muß zugestanden werden, daß hier nur die Politiker in Frage kommen, denn die Partei selbst hatte keine Schuld daran, indem die wirklichen Prohibitionisten in ihren Reihen nur wenige Stimmen zählten.

Groß war natürlich der Jubel in den Temperenzkreisen ob des Sieges und gänzlich enttäuscht und geschlagen wie die liberalgesinnten Gegner der Prohibition waren, so konnten sie nichts thun als traurige Gesichter machen, und das Volk bedauern, welches sich die Zwangsmaßregel aufgehalst hatte. Wenn sich Einer oder der Andere hie und da dagegen verlauten ließ, wie das wiederholt von der deutschen Presse geschah, so wurde ihnen von den Mundstücken der republikanischen Partei einfach angedeutet - : "wenn den Deutschen die hiesigen Gesetze nicht gefallen, sie hingehen könnten, wo sie hergekommen sind." Und dieses gegen die Deutschen, welche doch ebensoviel, wenn nicht mehr für den Aufbau und die Entwicklung des Staates beigetragen haben, als ihre anglo-amerikanischen Mitbürger. Es war die Verwirklichung des alten deutschen Sprichwortes: "Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen," und mit dem Spott kam noch die brutale Beleidigung.

Das Verbotsgesetz-Amendement war nun angenommen, aber noch kein Gesetz für dessen Ausführung.Auch wurde ermittelt, daß das Amendement ungesetzlich dem Volke unterbreitet worden war, und am 18. Januar 1883 gab das Obergericht des Staates, das an diesem Tag in Des Moines seine Sitzung abhielt, eine Entscheidung ab, in welcher das Verbots-Amendement für verfassungswidrig erklärt wurde. Vier der Oberrichter, Austin Adams, W. H. Leevers, James G. Day und J. H. Rothrock waren entschieden gegen das Amendement und nur ein Richter, Beck, für dessen Verfassungsmäßigkeit. Die Entscheidung erfolgte hinsichtlich der Klage "Köhler und Lange vs. John Hill", welche vom Distriktsrichter Hayes in Davenport in demselben Sinne abgegeben worden war, nämlich, daß die Verhandlungen über das

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Amendement nicht richtig in das Protokoll der Gesetzgebung eingetragen worden wären, indem das Ergebniß der Abstimmung über das vorgeschlagene Amendement nicht mit den "Ja" und "Nein" in die Journale beider Häuser eingeragen worden war, daß der zuletzt gefaßte gemeinsame Beschluß beider Häuser nach den Bestimmungen der Constitution nicht vor dem 4. Juli 1882 in Kraft trete; und daß daher am 27. Juni 1882, dem Tage der Abstimmung über das Amendement, diese Abstimmung gesetzlich nicht hätte vorgenommen werden dürfen. Ferner, daß der Amendements-Wortlaut im Senat anders war, wie der, welcher im Haus "or to be used" eingeschaltet und die Vorlage mit dieser Aenderung angenommen. Diese Abänderung war vom Hause nie sanktionirt worden.

Der Prozeß, worin diese Entscheidung abgegeben wurde, war von den Herren Köhler und Lange gegen Herrn John Hill eingeleitet worden, nur um einen Probefall daraus zu machen. Herr Hill hatte angeblich von den Herren Köhler und Lange Bier zum Betrage von $144 gekauft, und auf dem Amendement fußend, welches am 27. Juni vom Volk angenommen worden, sich geweigert, die Schuld zu bezahlen.

Während diese Sache im Gericht lag, und bis die Gesetzgebung wieder zusammentrat, waren die Wirthschaften offen und frei, d. h. in solchen Städten wie Des Moines und anderwärts, wo die Gemeindeverwaltung $600 und mehr aus ihnen herauspreßte, entweder durch Drohungen oder durch gute Worte.

Die nächste Gesetzgebung war ihrer Mehrheit nach wieder republikanische und temperenzlerisch, wenn auch nur knapp; obschon an die Vernunft, an das Gewissen, an das Herz und sogar an den Geldbeutel appellirt wurde, half doch Alles nichts, und das Clark-Gesetz wurde angenommen, das eine Verschärfung des alten, 1855 angenommenen Verbotsgesetzes war, indem dasselbe die grimmigsten Straf-Bestimmungen für die Uebertretung enthielt, welche je außerhalb des Staates Maine und anderer Neu-England-Staaten angenommen worden waren.

Das Clark-Gesetz verbietet die Fabrikation, den Verkauf und das

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Halten von allen berauschenden Getränken - Bier, Wein und Aprelmost eingeschlossen - auch darf man dieselben, öffentlich oder privatim, nicht einmal weggeben oder verschenken; auch sollen die Gefäße, Flaschen, Fässer u. dergl.. sowie das Haus, worin solche gefunden, verkauft oder verschenkt wurden, als gemeinschädlich erachtet und zerstört werden.

Nur Apotheker, welche dazu eine Permit (Erlaubniß) erworben haben, dürfen diese Getränke für medizinische, pharmazeutische, mechanische und Kirchenzwecke verkaufen. Dieselben haben $1000 Bürgschaft zu stellen. Uebertretung des Gesetzes bei erstmaliger Ueberführung wird mit Geldbußen von $50 bis $100 geahndet, oder mit entsprechender Gefängnißhaft; im Wiederholungsfalle mit Geldbußen von $300 bis $500, oder mit 6 Monaten Gefängnißhaft.

Wer das Gesetz noch fernerhin übertritt kann um $1000 und um nicht weniger als $300 gebüßt werden; das Geäude, worin die Uebertretung erfolgte, kann als Gemeinschaden erklärt, und dasselbe  und Alles, was darin ist, Einrichtung u. s. w., kann verkauft werden, um die Strafen und Kosten zu bezahlen, und soll solches Haus ein Jahr lang geschlossen bleiben, außer der Eigenthümer stellt Bürgschaft dafür, daß in demselben keine berauschenden Getränke mehr werden verkauft werden.

Irgend eine Person im County kann Kläger werden und einen Einhaltsbefehl gegen einen muthmaßlichen Uebertreter erwirken. Im Falle einer Verletzung des Einhaltsbefehles erhält der Betreffende eine Geldstrafe von $500 bis $1000 oder sechs Monate Gefängniß zudiktirt, oder auch Beides. Auch muß derselbe die Gebühren des gegnerischen Anwalts zahlen.

Verkauft oder schenkt Jemand einem Minderjährigen oder einem Gewohnheitssäufer geistige Getränke, so verfällt er in eine Geldstrafe von $1000.

Ein Mann, eine Frau, Eltern oder Vormünder oder irgend Jemand, der sich durch den ungesetzlichen Verkauf von berauschenden Getränken beeinträchtigt oder geschädigt erachtet, d. h. wenn einem Angetrunkenen ein Unglück zustößt, kann gerichtlich beantragen, daß die Verkäufer des Getränkes verantwortlich gehalten werden und für den

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Schaden aufkommen sollen, und zwar sowohl für moralischen als für wirklichen Schaden.

Das betreffende Grundstück, Gebäude und Alles, was darin und daran ist, soll für alle Anliegen, Gerichtsurtheile, Strafgebühren und Strafgelder haften, welche wegen irgend welcher Uebertretung des Gesetzes auferlegt werden mögen.

Irgend Jemand kann vor einem Friedensrichter eine eidliche Aussage gegen eine Person machen, daß diese das Gesetz übertreten, darauf soll der Friedensrichter die Beschlagnahme des Getränkes und die Inhaftnahme der Person anordnen, und im Falle der Ueberführung der Person sollen alle solche Getränke vernichtet werden. Das Vorhandensein solcher Getränke in irgend einem Platz, außer in Privathäusern soll als genügender Beweis der Uebertretung des Gesetzes erachtet werden.

In Des Moines und anderwärtig hat man das Gesetz auch auf Privathäuser erstreckt, und während der Prohibitionsjahre sind die meisten Beschlagnahmen in Privathäusern vorgekommen, weil es keine offenen Saloons mehr gab.

Das Gesetz verfügt besonders, daß Gerichte und Geschworenen das Weggeben oder Verschenken von berauschenden Getränken für ebenso straffällig erachten sollen, wie das Verkaufen von solchen.

Auch bestimmt das Gesetz, daß der Besitz einer Ver. Staaten Lizens genügender Beweis dafür sein soll, daß eine Uebertretung des Gesetzes durch den Inhaber stattgefunden hat.

Ferner schreibt das Gesetz vor, welche Gebühren die Friedensrichter, Constabler, Sheriffs, Spione, Angeber u. s. w. bekommen sollen.

Aus diesen Bestimmungen ist zu ersehen, daß die extremsten Temperenzler das Gesetz geschaffen hatten, denn es war augenscheinlich darin nichts ausgelassen worden, woraufhin man die Wirthe und sonstigen Uebertreter desselben strafrechtlich verfolgen und vexiren konnte. Das Gesetz ordnete nicht nur die Verhängung hoher Geld- und Freiheitsstrafen an, sondern setzte auch Belohnungen aus für das Entdecken der Uebertreter des Gesetzes und schuf somit allenthalben im Staate eine Heerde von Spionen, Angebern, geld-erpressenden Winkel-Advokaten und geldgierigen Constablern und Polizisten.

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Dieses führt uns zu der traurigsten und dunkelsten Periode der Geschichte unseres Staates. 

Die Menschheit hat von Anfang der Welt berauschende Getränke irgend einer Art getrunken, und sie hat sich durch alle die Jahrhunderte und Jahrtausende augenscheinlich wenig geändert in dieser Beziehung. Es wird wie zu Vater Noahs Zeiten fortgetrunken, wenn auch nicht in dem Uebermaße wie einst von den Römern bei ihren Festgelagen, und, wie nach Tacitus, von den alten Germanen an beiden Ufern des Rheins; und es war diese große geschichtliche Thatsache, welche die temperenzlerischen Weltverbesserer nicht kannten, als sie die Gesetze schufen, welche den Leuten das Trinken des edlen Weines und des schäumenden Bieres bei Strafe untersagten. Beinahe mit ebenso viel Aussicht auf Erfolg hätte man ihnen das Essen verbieten oder ihnen vorschreiben können, was sie essen sollten. Sie konnten die Menschen, wie sie es auch gethan haben, vor Vehmgerichte zerren, sie einkerkern und ihnen ihr Hab und Gut nehmen; das Verlangen nach geistigen Getränken aber konnte nicht aus ihnen getrieben werden. Man erkannte nach jahrelangen Verfolgungen und Hetzereien so schändlicher Art, wie es solche in einem sogenannten freien Lande nur je gegeben, daß, je mehr man versuchte ein derartiges, tyrannisches Gesetz durchzuführen, nur desto mehr getrunken wurde.

Das Clark-Gesetz schloß die Brauereien und Brennereien. Mit Ausnahme der Brauereien in den größeren Städte am Mississippi-Fluß und in ein paar einzelnen Städten im Innern war keine Brauerei in Iowa mehr offen. Die vielen hunderttausende von Dollars, welche die Brauereibesitzer in ihren Geschäften angelegt, die sie mit großer Mühe aufgebaut hatten, unter zugesichertem Schutz des Gesetzes, Alles war auf einmal durch das Verbotsgesetz dem Verfall und der Zerstörung preisgegeben. Kein Brauer konnte für diese schreiende Ungerechtigkeit, diese totale Vernichtung seines Eigenthums durch den Staat Entschädigung bekommen. Nicht nur das Obergericht des Staates, sondern auch der höchste Gerichtshof des Landes entschied, daß sie zu keiner Entschädigung berechtigt seien. Von den 125 Brauereien, welche damals existirten, waren in wenigen Wochen kaum ein Dutzend mehr im Gang, und mancher brave Mann, der sein ganzes

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Vermögen in einer Brauerei angelegt hatte, und täglich ansehen mußte, wie dasselbe zu Grunde ging, verfiel dem Trübsinn und zuletzt dem bitteren Tod - er, der ein ehrenhaftes Geschäft betrieben hatte - ein Geschäft, das in der ganzen Welt als reell und achtbar angesehen wurde, er mußte sein Alles verlieren! Dabei mußte er zusehen, daß tag-täglich, stündlich so zu sagen, die Eisenbahnzüge aus den angrenzenden Staaten Bier und sonstige Getränke nach Iowa brachten - ganze Waggonladungen, ganz Züge voll und - er durfte keinen Tropfen brauen. Es war in der That ein hartes Loos, das ihn traf. Die Brauer anderer Staaten konnten sich durch sein Unglück bereichern und er mußte zusehen, wie Millionen von Dollars jährlich aus Iowa fortgingen für Waaren, die er und seine Berufsgenossen hätten ebenso gut liefern können. Es wäre kein Glas mehr getrunken worden, und die Millionen würden in Iowa geblieben sein. Der Betrieb der Brauereien eingestellt und außerhalb der größeren Städte am Mississippi- und am Missouri-Fluß alle Wirthschaften geschlossen, wo konnten dieMenschen etwas zu trinken bekommen und wo trinken?

In erster Reihe kamen die Apotheken im Innern Iowa's, die allen Menschen Whisky und Bier verkauften - für medizinische Zwecke angeblich - in Wirklichkeit aber Alles, um den Durst zu löschen und die verbotene Frucht zu genießen. Neben den Apotheken, die sich allerwärts rasend vermehrten, so daß z. B. Des Moines allein, als die Stadt nur halb so groß war, wie sie heute ist, 125 besaß, entstanden Trinkbuden in hunderten von Privathäusern. Es wurden zu einer Zeit 407 derartige Trinkplätze aufgezählt in Des Moines. Fleißige, biedere Leute, welche bis dahin ihrem regelmäßigen Berufe als Handwerker nachgegangen waren, ließen sich Fässer, Andere Kisten voll Flaschenbier und Schnapps in allerlei Verpackungen kommen, um den Augen der Spione zu entgehen, die beständig auf der Lauer lagen, um herauszubringen, von wem verbotene Getränke eingeführt und wo dieselben konsumirt würden. Es gab auch noch immer alte Wirthe, welche heimlich in ihren Lokalen verkauften, oder in Kellern, Schuppen, Schlafzimmern, Dachstühlen, Ställen u. s. w., aber meistens in Privatwohnungen, in welchen nicht nur Männer, sondern auch Frauen zu Verkäuferinnen der verbotenen Getränke wurden. Denn

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das Geschäft war verlockend, es bezahlte sich. Leute, welche nie mehr als $1 oder $2 den Tag verdient hatten, "machten" dabei von $4 bis $5 und $6 täglich, und Frauen, welche nie etwas besseres als ein Kattunkleid kaufen konnten, stolzirten bald in Seidenkleidern einher, denn wie gesagt, die Menschen wollten trinken, ganz gleich was es kostete oder in wie ungemüthlichen und schmutzigen Umgebungen "der Stoff" genossen werden mußte. Es war die verbotene Frucht.

Aber auch Leute, welche nicht verkauften, ließen sich ihr Bier in Fäßchen oder Kisten in's Haus bringen, heimlich und Nachts, denn es durfte ja Niemand Bier herumfahren oder bringen; somit geschah alle Beförderung des Getränkes im Dunkeln. Das Geld war dafür da, gerade weil der Genuß verboten war, wollten die Leute ihn haben.

Das waren glorreiche (?) Zeiten für die Spione und Angeber, sowie für die Constabler, Sheriffs und Friedensrichter. Die Polizeimannschaft befaßte sich nur periodisch mit der Durchführung des Gesetzes, wenn immer es dem betreffenden Mayor einfiel oder derselbe durch die Temperenzler gezwungen wurde, seine Mannschaft zu instruieren, die geheimen Wirthschaften zu besuchen und die Inhaber derselben zur Rechenschaft zu ziehen.

Am Anfang der Prohibitions-Herrschaft und wenigstens während zweier Jahre der grimmigsten Verfolgungen waren die Sheriffs und deren Gehilfen am thätigsten in dem Versuche, das Gesetz durchzuführen. Die hohen Gebühren - für Beschlagnahme einer einzigen Flasche Bier $7 und noch mehr! - die von dem Angeber, der die Hälfte bekam, und dem Distriktsanwalt, dem Constabler und dem Friedensrichter eingesteckt wurden, und von denen auch der Schulfonds, resp. der Staat einen Theil haben sollte, wuchsen ungemein. So z. B. wurden in 1884, dem Jahre, in welchem das Verbotsgesetz zuerst in Kraft trat (am 4. Juli), Geldstrafen im Betrage von $65,543 im Staate auferlegt und $35,381 davon eingezogen, während sich die gesammten Gerichtskosten auf $359,580 beliefen. In 1892 wurden Geldstrafen im Betrage von $172,514 auferlegt und $65,598 eingezogen, während sich die Gerichtskosten auf die enorme Summe von $575,638 beliefen, und dabei sind die Gebühren, welche den Distriktsanwälten bezahlt wurden, und die sich im genannten Jahre auf $26,259 und im letz-

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tern auf $84,027 beliefen, nicht mitgerechnet. In den neun Jahren von 1884 bis 1892 mußten die Steuerzahler des innern Theiles des Staates die enorme Summe von $4,246,579 für Gerichtskosten aufbringen, während nur $382,210 kollektirt wurden. In den Counties Dubuque und Scott, in denen das Verbotsgesetz unbeachtet blieb, waren die Gerichtskosten von $9000 bis $10,000 das Jahr, und in Polk County, in welchem Des Moines liegt, stiegen dieselben bis auf $60,000 und $70,000 das Jahr.

Das Des Moines "State Register", welches mehr als alle andern Blätter des Staates zusammen beitrug, um das Verbotsgesetz einzuführen und auch jahrelang für dessen strengste Durchführung eintrat, sah in 1890 seinen Irrthum ein und brachte in seinen Spalten infolge des stets wachsenden Unmuthes der Haupt-Steuerzahler einen Leitartikel, dem Nachstehendes entnommen ist:

Ein "Register"-Berichterstatter hat die amtlichen Protokolle genau untersucht und ermittelt, daß während der ersten sechs Monate von 1890 die Summe von $30,000 aus dem Schatzamt genommen wurde zur Deckung von "Kosten" der Friedensrichter der Stadt Des Moines allein. Von diesem Betrag wurden über $11,000 an fünf Friedensrichter gezahlt. Der Rest wurde an Constabler, Zeugen, Geschworene u. s. w. vertheilt. Diese enorme Auslagen waren beinahe sämmtlich für Haussuchungen oder für solche Kriminalsachen, die daraus entstanden sind. Die Stadt hat ein Polizeigericht, in welchem die gewöhnlichen Kriminalfälle verhandelt werden, die nicht vor das Distriktsgericht kommen, so daß der größte Theil der Kosten dieser Freidensrichter für die angebliche Durchführung des Verbotsgesetzes war.

"Wenn nun diese großen Ausgaben ihren Zweck die Lokale zu schließen, in welchen Liqueure verkauft werden, und den ungesetzlichen Verkauf von Liqueuren in der Stadt zu unterdrücken - erfüllt hätten, dann gäbe es viele Leute, welche nicht denken würden, daß die Kosten zu groß waren. Unglücklicherweise hat sich aber das Gegentheil erwiesen. Die $30,000, welche an die Friedensrichter verwendet wurden, sind in den Taschen der Friedensrichter, Constabler und ihrer begünstigten Sippe von Gehilfen geflossen, ohne daß ein ehrlicher

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Versuch gemacht wurde, den Liqueurverkauf auf die Dauer zu verhindern....

"Wenn das so fortgeht, werden die Friedensrichter und ihre Constabler sich bis zum Schluß des Jahres $60,000 ziehen und dann doch nicht im Stande sein, ein einziges Lokal zu schließen, in welchem ungesetzlich Liqueure verkauft werden."

Und derart fingen die sämmtlichen tonangebenden Tageblätter des Staates an zu sprechen. Sie wiesen auf die Thatsache hin, daß trotz der ungeheuren Geldopfer, die Zahl der Schanklokale rasend zugenommen habe. Die Ertheilung von Ver. Staaten Licensen an Personen, welche mit geistigen Getränken handelten, lieferten den unwiderleglichsten Beweis. Diejenigen, welche dem Temperenzgesetz und dessen Schergen ein Schnippchen schlugen und im Geheimen verkauften, wagten es nicht, ohne eine Gouvernements-Licens zu verkaufen. Und so sah man trotz aller Verfolgungen und Prozessirungen, daß während in 1885, dem Jahr nach Inkrafttreten der Prohibition, 3549 Retail Ver. Staaten Licensen in Iowa ausgestellt waren, am 30. Juni 1892 die Zahl dieser Licensen auf 6874 gestiegen war!

Es wird die jüngeren Leser, sowie auch deren Nachkommenschaft interessiren, zu lesen auf welche Weise zu Werk gegangen wurde, um das Verbotsgesetz durchzuführen.Und wenn sie es gelesen haben, werden sie sicherlich von der Hoffnung beseelt sein, daß der Staat nie wieder mit dem Fluche eines derartigen Gesetzes heimgesucht werden möge.

Der Zeitraum vom 4. Juli 1884 bis 1890 kann als eine Schreckensperiode für Iowa bezeichnet werden. Es kam zu Vorkommnissen, wie man sie in einem freien Lande wie Amerika nie für möglich gehalten hätte. Gräuelthaten wurden verübt, welche an die Verfolgungen der Ungläubigen und Ketzer in Spanien und an die Bartholomäus-Nacht erinnern, und Alles im Namen der Moral und der Nüchternheit. Es ist wahr, das Gesetz wurde allerwärts übertreten. Tausende im Staate, gute, ehrenhafte, gesetz liebende Bürger, die noch nie Staats- oder Stadt-Verordnungen übertreten hatten, machten sich kein Gewissen daraus, das Temperenzgesetz zu umgehen, und es gab deshalb fast in jedem Ort Solche, welche, wenn sie auch selbst kein

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verbotenes Getränk verkauften, dennoch ein Auge zudrückten und noch dem Verkäufer zur Flucht oder, wenn er vor Gericht gestellt wurde, zur Freisprechung verhalfen. So kam es, daß nicht Einer aus Zehn, die von den Spitzeln angezeigt und verhaftet worden waren, schuldig befunden werden konnten. Die Trinker selbst wußten immer ausweichende Antworten zu geben, wenn sie als Zeugen vor Gericht geladen wurden. Ein einziger Fall aus hunderten, die angeführt werden könnten, wird dieses beleuchten.

Ein guter, alter, deutscher Grobschmied, der seither zu seinen Vätern gerufen worden ist, und der, während er ein ehrbarer und fleißiger Mann war, Morgens gern sein Schnäppschen trank, wurde unter Anderen vor das Kreisgericht in Des Moines zitirt, um Zeugniß abzulegen in einem Falle, in welchem der Wirth, bei dem er gewöhnlich verkehrte, beschuldigt worden war, berauschende Getränke verkauft zu haben. Auf dem Zeugenstand wurde der Schmied gefragt, ob er je bei dem betreffenden Wirth etwas getrunken habe, und antwortete er: "Ja." Der Vertreter der Anklage fragte ihn dann: "Was haben Sie verlangt?" "Nick-Nack-Nudel," antwortete er.

Der Advokat glaubte ihn nicht verstanden zu haben und frug ihn nochmals, was er verlangt habe, und die Antwort war:

"Nick-Nack-Nudel."

"Was haben Sie getrunken?" fragte der Advokat wieder.

"Nick-Nack-Nudel," war die Antwort.

Der Advokat wurde bös und sagte dem Zeugen, derselbe dürfe sich keinen solchen Spaß mit ihm erlauben; er verlange eine richtige Antwort auf seine Frage. Er fragte also:

"Wie hat das Getränk ausgesehen?"

"Wie Nick-Nack-Nudel."

"Wie hat es geschmeckt?"

"Wie Nick-Nack-Nudel."

Der Advokat appellirte nun an den Richter, um den widerspänstigen Zeugen zu zwingen, seine Fragen richtig zu beantworten. Der Richter drehte sich um, und den Zeugen anrufend, setzte er ihm auseinander, daß er vor Gericht stehe und unter Eid die Wahrheit sagen müsse. Der Richter fragte dann selbst:

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"Was haben Sie da getrunken?"

"Nick-Nack-Nudel," war die Antwort.

Der Richter sagte dem Zeugen nochmals, daß er die Wahrheit sagen müsse, und wenn er das nicht thue, so müsse er ihn wegen Gerichtsmißachtung einsperren lassen. "Was haben Sie getrunken?" fragte er wieder.

"Nick-Nack-Nudel," antwortete der unerschütterliche Grobschmied.  "Führt ihn ab in's Gefängniß!" befahl der Richter in strengem Tone, und der Schmied mußte wirklich mehrere Stunden im Kerker brummen. Als er wieder herauskam und vom Richter befragt wurde, was er getrunken habe, war es dieselbe Antwort:

"Nick-Nack-Nudel!"

Es war nichts mit ihm anzufangen, und man ließ ihn frei ausgehen; der Wirth kam dabei natürlich auch frei.

Dieser Zeuge war um kein Haar schlimmer als die große Mehrzahl der Bürger. Er würde keinen Menschen wissentlich um einen Heller gebracht haben, er würde auch gerne mitgeholfen haben, einem fallenden Menschen aufzuhelfen, und alle Gesetze aufrecht zu erhalten, aber dieses Gesetz widerstand seiner Vernunft und seinem Gerechtigkeitssinn, und er, wie so viele andere, erachtete es deshalb als kein Vergehen, seiner Sympathie in der geschilderten Weise Ausdruck zu geben, und so das unvernünftige Gesetz kraftlos zu machen.

Wo es so viele Plätze gab und die unzähligen Vollstrecker des Gesetzes: die Sheriffs, Sheriffsgehilfen, Constabler, Spitzel, Angeber u. s. w. jede Stunde, Tag und Nacht, genug zu thun hatten, um dieselben zu bewachen, daß ja kein Tropfen der verbotenen Getränke verkauft oder weggeschenkt werden konnte, da sollte man denken, daß Privatleute nichts mit dem Spirituosenhandel zu thun hatten und ungeschoren geblieben wären. Dem war aber nicht so. Die Geldgier der Gesetzesvollstrecker kannte keine Grenzen. Leute, die in einer Apotheke oder auch in geheimen Verkaufslokalen Flaschenbier erstanden hatten und dasselbe für ihren eigenen Gebrauch mit nach Hause nehmen wollten, wurden auf offener Straße von Spitzeln angehalten, die ihnen ohne Gerichtsbefehl die Flaschen abnahmen und sie vor

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Gericht schleppten, damit sie sich dort wegen des Besitzes der Contrabande verantworteten.

Privatleute, welche gewöhnt waren, zu Hause regelmäßig ihr Bier zu trinken, waren stets der Gefahr ausgesetzt, Haussuchungen zu bekommen, was vielfach auch geschah, und wobei Rohheiten und Flegeleien vorkamen, welche die friedliebenden Bürger zum Widerstand reizen mußten. Aber man war gegen die Bande von Spitzeln ohnmächtig, da diese ja die Macht des Gesetzes hinter sich hatten, und so mußte man sich deren Anmaßung und Gemeinheit unterwerfen und oftmals ruhig zusehen, wie Jene willkürlich und boshaft Einem die häusliche Einrichtung und sonstiges Eigenthum zerstörten. Solche Fälle, wie das Eindringen der Spitzel im Häuser, wo sie Bier hineinbringen sahen, Aufbrechen der Eisschränke in denselben und Durchstöberung von Keller- und Dachbodenräumen waren alltägliche Ereignisse. Fanden die Büttel Bier oder sonstiges Getränke vor, so wurde dasselbe konfiszirt. Wenn nun der Eigenthümer dasselbe zurückhaben wollte, so mußte er einen Advokaten besolden; das wäre aber den Meisten zu theuer gekommen, und so ließen sie die Sache gehen, denn sie wußten, daß die Mehrzahl der Richter mit dem Temeperenzschergen sympathisirten, und Gerechtigkeit von ihnen nicht zu erwarten war. Es war eine Zeit des Terrorismus in den Inlandstädten von Iowa und besonders in der Hauptstadt des Staates.

Ein paar der traurigen Fälle, welche sich in Des Moines ereigneten, verdienen wegen ihrer Grauenhaftigkeit der Geschichte einverleibt zu werden.

Bald nach Inkrafttreten des Verbotsgesetzes, und als die Spitzel einen Vorgeschmack von der reichen Beute bekommen hatten, die ihnen in Gestalt von hohen Gebühren für das Angeben und die Verhaftung von Personen wegen Uebertreten des Gesetzes in Aussicht stand, konnte man in verschiedenen Stadttheilen in Des Moines schleichende Creaturen sehen, wie sie herumschnüffelten um - "dem Gesetz Geltung zu verschaffen" - wie sie sagten, in Wirklichkeit aber um ihre Taschen zu füllen. Da sahen sie eines Samstag Abends wie ein Achtelchen Bier in das kleine Heim des deutschen Schuhmachers John Andreas Dürr getragen wurde.

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Dürr ist ein Baier von Geburt, und bekanntlich haben seine Landleute keine besondere Abneigung gegen den Gerstensaft, und so ließ er jeden Samstag sich für sich und seine Familie ein kleines Fäßchen des Stoffes kommen, das er dann mit den Seinigen während der Woche gemächlich ausleerte. Der Constabler-Spitzel, der gesehen hatte, wie das Bier beim Dürr abgeladen wurde, rechnete sofort aus, daß da ein paar Dollars für ihn zu verdienen wären, und entschloß sich, am nächsten Morgen, wenn das Fäßchen angesteckt sein würde, hinzugehen und Beschlag auf dasselbe zu legen.

Der darauffolgende Tag war Sonntag. Es war gerade zur Stunde, da von mehr als 20 Kirchthürmen die Glocken zum Gottesdienst läuteten und fromme Bürger den mehr als 50 Kirchen von Des Moines zuströmten, als der Constabler - John Shafer hieß er, wahrscheinlich ein mißrathener Abkömmling eines Deutschen - mit einem andern Spitzel, Namens Blair, sich nach dem bescheidenen Häuschen des bairischen Schusters begab. Sie klopften nicht an die Thüre, sondern stürzten in das Haus hinein, ohne ein Warnungszeichen, und fingen sofort das Hausdurchsuchen an. Ein Constabler durchstöberte das Wohnzimmer und der andere die Küche. In letzterer war Dürr's Frau, ein kleines, schwaches Mütterchen, das vor Schreck fast ohnmächtig wurde. Was wollten die zwei Eindringlinge? Wollten sie das Haus berauben? Zuletzt fiel ihr ein, daß die Prohibition gekommen war; sie hatte auch schon vernommen, daß andere Spitzel: Frank Pierce, John Potts, Painter, Bywater, Candy-John u. s. w. die Häuser nach Bier durchsuchten, und so fiel ihr auch das Fäßchen ein, welches im Keller war, wahrscheinlich wollte man dasselbe fortnehmen. In der Küche war eine Fallthüre, welche zum Keller führte, in welchem das Keg lag, und schnell gefaßt, wie das weibliche Geschlecht im gegebenen Falle gewöhnlich ist, setzte sich das Frauchen mit einem Stuhl auf die Thüre. John Shafer und sein Spitzel-Compagnon hatten schon alle Ecken im Hause durchsucht und bemerkten die Frau sitzen, wo nur feine Spürnasen an einem Spalt im Boden die Fallthüre entdecken konnten. Shafer befahl der Frau mit barscher Stimme aufzustehen; als sie das nicht thun wollte, packte er sie mit einer Hand am Arm und setzte ihr mit der andern einen Revolver auf die Brust.

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Er drohte, sie zu erschießen, falls sie nicht sofort aufstände. Ein Schrei des Schreckens entschlüpfte ihr und brachte ihren Mann, der in einem anderen Zimmer war, hinzu. Er sah die Waffe des ihm unbekannten Mannes auf der Brust seiner Frau und bat ihn in gebrochenem Englisch, sie nicht zu tödten. Zugleich versuchte er den Arm des Constablers zurückzuziehen. Der Constabler ließ nun die Frau los, schlug aber Dürr mit seinem Knüppel auf den Kopf, so daß der Mann mit einem Wehschrei auf den Boden sank und lange in bewußtlosem Zustande auf dem Fußboden lag. Er hatte John Dürr ein Loch in den Kopf geschlagen, das ihn Monate lang an's Krankenzimmer fesselte; und Jahre vergingen bis er wieder völlig hergestellt wurde. Sein Geist war umnachtet und man hatte alle Hoffnung auf sein Wiederaufkommen aufgegeben. Die arme Frau hatte vor Schreck über die Gewaltthat um Hilfe gerufen. Die Unholde hatten sich aber schon aus dem Hause geflüchtet, als Nachbarn hinzukamen und gewahr wurden, was vorgefallen war. Die Kunde des Geschehenen verbreitete sich rasch durch die Stadt, und in Folge so vieler vorher begangegenen Gewaltstreiche der Spitzelbeamten waren die Erbitterung und Aufregung über diese neue Schandthat nicht gering; als sich in den nächsten Tagen Dürr's Zustand verschlimmerte und man sein Leben für verloren hielt, stieg die Aufregung noch mehr; eine entrüstete Volksmenge sammelte sich vor der Office des Friedensrichters McCabe an, und verlangte den Namen des Menschen, der angezeigt, daß John Dürr Bier im Hause habe; hätte sich der Friedensrichter nicht durch eine Hinterthüre geflüchtet, so wäre er aus dem Fenster geworfen worden. Die Polizei erschien und stellte die Ruhe teilweise wieder her. Als dann verlautete, daß John Shafer sich selbst ausgeliefert habe und im Stadtgefängniß sei, strömten wohl an Tausend Personen dahin und verlangten dessen Auslieferung. Shafer aber war nicht mehr da. Später wurde ermittelt, daß er in einem Buggy aus der Stadt gebracht worden war, entweder nach Winterset oder nach Indianola. Nachs um elf Uhr sammelten sich jedoch wieder ungefähr 100 Personen um das Courthaus, unter welchem sich das County-Gefängniß befand, und mit Brecheisen bewaffnet brachen sie die äußere Thüre desselben ein.

Die Absicht, das Ge-

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fängniß zu stürmen, war aber verrathen worden, und wie dann die Rächer des John Dürr hineindringen wollten, standen ihnen Milizsoldaten mit vorgehaltenen Gewehren gegenüber. Mehrere Schüsse wurden in das Gefängniß gefeuert, und eine Kugel, die an der Mauer abprallte, traf "Jap" Compton, einen der Gehilfen des Sheriff Painter, und als Sam Compton, sein Bruder, auf die Leute draußen schoß, wurde auch er am Daumen verwundet und sein Revolver fiel ihm aus den Händen. Jedoch Shafer war nicht da, und die Leute zogen wieder nach Hause. Eine Bürgerversammlung wurde berufen; jedoch der damalige County-Auditeur, Bruce Jones, weigerte sich, das Courthaus, in welchem die Versammlung abgehalten werden sollte, für dieselbe herzugeben. Erst mehrere Tage später wurde im Rollschuh-Rink, einer Halle, die 3000 Personen fassen kann, bei vollbesetzem Hause eine Versammlung abgehalten; wo man Reden hielt und Beschlüsse faßte, die deutlich zu erkennen gaben, daß sich die Bürger nicht willkürlich niederschießen lassen wollten. Es herrschte zu dieser Zeit ein solcher Terrorismus, daß die gewöhnlichen Volksredner es nicht wagten, ein Wort für die Rechte der Bürger und der persönlichen Freiheit zu sprechen. Der einzige hervorragende Amerikaner, der das Wort ergriff bei dieser Gelegenheit, war Col. Wm. H. Merritt, der Held von der Schlacht bei Pea Ridge und später Postmeister von Des Moines. Die Andern, Demokraten wie Republikaner, drückten sich, und es mußten Leute den Kampf führen, die das gerne Andern überlassen haben würden.

John Dürr war jahrelang Invalid und nicht im Stande, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Der Mordbube Shafer wurde unter Anklage des Versuchs ihm schweren körperlichen Schaden zuzufügen, in Ermangelung von $500 Bürgschaft auf kurze Zeit in's Gefängniß gebracht, aber später frei ausgehen gelassen. Die Richter beschützten die Spitzelbeamten in jedem einzelnen Fall, Alles um die Heiligkeit des Gesetzes hoch zu halten.

John Shafer war aber nur einer der Horde von verrufenen Buben, welche die Temperenz-Allianz zur Unterdrückung des öffentlichen Trinkens angeworben hatte. Viele Andere, wie Pierre, Potts, Hamilton, Stewart u. s. w. waren noch schlimmer als er, und die von

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ihnen begangenen Gewaltthaten sind zu zahlreich, um hier einzeln erwähnt werden zu können. Pierce z. B. machte wiederholt Gebrauch von seinem Revolver. Er schoß Harry Lloyd in Nym Wyatt's Haus, weil derselbe ihn nicht haussuchen lassen wollte; Potts schoß einen Mann Namens Hardy, weil dieser sich nicht ohne gerichtlichen Befehl verhaften lassen wollte und sich widersetzte. Pierce und Potts drangen in das Privathaus des Viehhändlers John W. Miller, während derselbe aus der Stadt war, und weil sich die Frau, die kränklich war, ihr Bier, das sie für ihre eigene Gesundheit hielt, nicht nehmen ließ, wurde sie Nachts um elf Uhr in das Gefängniß geschleppt und dort mit Prostituirten zusammen eingesperrt. Die Gerichte sprachen aber auch hier wieder die Diener des Gesetzes frei. [Ein Mitglied der Pierce-Bande] brach Mitternachts um zehn Uhr in das Privathaus des Pat Lacy ein, während die Frau im Kindbett lag, und zwang sie aufzustehen, damit er das Bett nach Schnapps durchsuchen könne. Er wurde zwar wegen dieser Schandthat verhaftet, aber wie immer freigesprochen.

Die Spitzel waren stets auf der Lauer und behielten besonders auch die Apotheker im Auge, welche in dieser Zeit das meiste Getränk verkauften. Wenn sie einen Mann oder auch eine Frau mit einer Flasche Schnapps aus einer Apotheke kommen sahen, so folgten sie ihnen nach und sahen, wo sie damit hingingen. Auf diese Weise kamen sie auf die Spur eines alten Irländers, Namens Mike Quinn, dessen Frau in den letzten Stadien der Schwindsucht darniederlag. Ihr Arzt Dr. McGorrick hatte ihr Whisky verordnet, weil ihr sonst nichts mehr helfen konnte, und tagtäglich ging ihr Mann nun in eine Apotheke, um eine Pinte Schnapps zu holen. Pierce und Potts hatten es beobachtet, wie er einen Abend wieder ein Fläschchen geholt hatte und Nachts um elf Uhr kamen diese zwei Hauptspitzel mit zwei andern Gehilfen in Quinn's ärmliche Behausung. Sie klopften nicht an, sondern stießen die Thüre einfach ein und da sahen sie das Zimmer mit Leuten angefüllt. Die Frau lag sehr krank im Bette. Die Nachbarn waren zusammengekommen, um in ihrer letzten Stunde bei ihr zu sein. Pierce sah Alles; ihm war es aber blos darum zu tuhn, den Schnapps zu bekommen, damit er Beweise gegen Quinn habe und somit die Gebühren für sich und seine Bande sichern könne, welche in

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diesem Falle nicht unter $40 kamen. Die vier Bestien durchstöberten das ganze Gemach, fanden aber nichts. Nun hoffte man, daß sie fortgehen würden. Pierce war aber entschlossen, es noch nicht aufzugeben. Er sagte, die Flasche Whisky müsse im Hause sein, und er glaube, die Frau habe sie im Bette versteckt. Er befahl ihr aufzustehen; sie konnte aber nicht; sie war zu schwach. Darauf faßte er sie bei einem Arm und zerrte sie gewaltsam von ihrem Kissen, und wirklich, die Flasche war unter demselben versteckt gewesen. Ein Nachbar hatte sie schnell heimlich dahin gesteckt, als die Spitzel hereinkamen. Pierce ergriff die Flasche und hielt sie triumphirend in die Höhe. Der alte Quinn ging hinzu und bat ihn, die Flasche nicht mitzunehmen, der Whirky sei für seine kranke Frau, und versuchte, sie Pierce abzunehmen; weil Quinn das that, zwang Pierce ihn, noch um Mitternacht mit ihm zu gehen und da es zu spät war Bürgschaft zu bekommen, so mußte er die ganze Nacht unter Dieben und Räubern im Gefängniß zu verbringen. Den nächsten Morgen, kaum nachdem der Tag angebrochen war, theilte man ihm mit, daß er nach Hause gehen könne. Als er die Thüre des Gefängnisses hinter sich hatte und die steinerne Treppe, die in's Freie führte, hinaufgehen wollte, sah er seine 13jährige Tochter ihm entgegenkommen. Ihre Haare hingen los über ihre Schulter, und der Wind wehte dieselben hin und her. Unter heftigem Schluchzen stieß das Kind hervor: "Papa, Mamma ist todt!" Das brutale Ereigniß der Nacht war zu viel für sie gewesen. Pierce und Consorten hatten sie ermordet, und das im Namen der Heiligkeit des Gesetzes.

Pierce erschoß später einen städtischen Wächter, Namens E. H. Wishard, wofür er aber nur drei Jahre in's Zuchthaus kam; Potts wurde ebenfalls, wegen Meineids und Bestechlichkeit, auf ein paar Jahre in's Zuchthaus gesandt, und die anderen Temperenzspitzel sind mit ein paar Ausnahmen nach Umsturz des Gesetzes entweder wegen verschiedener Verbrechen in's Gefängniß gekommen, oder sonst verschollen. Der einzige, der in Des Moines bei seinem Spitzelwerk um's Leben kam, war C. S. ("Jeff") Logan, der am 7. November 1887 bei einem Versuch den Jospeh Row, Fuhrmann für das Engros-Apothekergeschäft der Firma Hurlbut, Heß & Co., zu verhaften, erschos-

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sen wurde. Logan hatte einen anderen Fuhrmann der Firma, Albert Campbell, auf der Straße beim Abliefern von Bier arretirt und kam mit demselben in den Verpackungsraum des Geschäftes, gerade wie Row auf den Wagen steigen woltle, um mit einer Ladung Waare fortzufahren. Logan fragte den Treiber, ob er einen Erlaubnißschein habe, Waaren abzuliefern. Einen solchen Schein aber brauchte der Mann nicht, denn die Firma war berechtigt Bier zu verkaufen. Row antwortete, daß es ihn (Logan) nichts angehe. Logan erwiderte: "Ich muß den Erlaubnißschein sehen, sonst arretire ich Dich!"

"Wo ist Dein Haftbefehl?" frug Row.

"Ich brauche keinen Haftbefehl; ich bin genügend."

Row weigerte sich mit ihm zu gehen, worauf Logan Gewalt gebrauchen wollte und zuletzt von seinem Revolver Gebrauch machte und auf Row schoß, worauf Row einen Revolver zog und auf Logan zwei Schüsse abgab, von denen der zweite den Menschen niederstreckte. Row wurde in Haft gekommen. Obwohl er nur in Selbstvertheidigung gehandelt, und Logan kein Recht gehabt hatte, ihn ohne Haftbefehl zu arretiren, so wurde er auf fünf Jahre in's Zuchthaus geschickt. Row hätte nicht bestraft werden sollen, aber wie gesagt, die Richter hielten zu den Spitzeln, ob dieselben im Rechte waren oder nicht.

Im Jahre 1888 ereignete sich in Sioux City infolge des Versuches das Verbotsgesetz durchzuführen ein tragischer Vorfall. Sioux City, in der nordwestlichen Ecke des Staates gelegen, war damals mehr eine Grenzstadt und von einer liberaleren Bevölkerung bewohnt, als Des Moines, Marshalltwon und andere größere Städte im Innern des Staates. Dennoch wurde ein Versuch gemacht, daselbst die Saloons zu schließen. Unter den Temperenzagitatoren war ein Pastor Namens [G. C. Haddock], der nicht nur Tag und Nacht gegen die Sündhaftigkeit der Saloons predigte, sondern selbst mit ein paar seiner Helfer von Saloon zu Saloon zog, um Gesetzesübertreter abzufassen, bezw. die Schließung der Wirthschaften und die Verhaftung der Wirthe anzuordnen. In Dubuque, Davenport und den andern größeren Städten am Mississippi-Fluß in Iowa ließ man sich derartiges nicht gefallen. Die Prohibition war dort ein todter Buch-

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stabe, warum sollte die größte Stadt am Missouri-Fluß sich dem ungerechten Gesetz unterwerfen? Die große Mehrzahl der Einwohner war gegen das Gesetz, und deshalb wuchs die Erbitterung von Tag zu Tag gegen das Wühlen dieses Pastors, der einen Wirth nach dem andern verhaften ließ, Privatleute als Zeugen vorlud und nichts als Zank und Zwietracht stiftete. Haddock war dabei rücksichtslos und kannte weder Schranken des Anstandes noch der Barmherzigkeit. Die nachsichtigen Lehren seines angeblichen Meisters ignorirte er gänzlich in seiner fanatischen Verfolgung der Leute, welche es als kein Verbrechen erachteten, geistige Getränke zu verkaufen. Daß er zuletzt sein Leben verlor, war allein seiner Tollkühnheit zuzuschreiben.

Die Leute, die von Haddock gepeinigt und verfolgt wurden, hatten wohl.manchmal an Rache gedacht, aber niemals die Absicht, ihm an's Leben zu gehen. Es bestand ein Wirthsverein in Sioux City; derselbe faßte mancherlei Beschlüsse betreffs Bekämpfung der Temperenzhetze, ordnete indessen niemals einen persönlichen Angriff auf Haddock an. Hinter dem Biertisch wurde wohl manchmal über den intoleranten Pastor geschimpft und ihm eine Tracht Prügel gewünscht, aber an einen Mordanfall dachte Niemand. Die Tracht Prügel jedoch sollte ihm werden. Ein Dutzend Männer scheint sich vorgenommen zu haben, dieselbe dem Hetzer zu verabfolgen, und als eines Abends Haddock wieder auf einer Spionirtour war, kamen ihm in der Nähe des Columbia House ein halbes Dutzend Männer entgegen, ohne Zweifel, um ihn zu verhauen. Haddock war mit einem großen Knüppel, einer Wagenrunge bewaffnet, und hatte diese erhoben, um darein zu schlagen; denn er schien zu ahnen, was die Entgegenkommenden vorhatten. Einer der Leute schoß auf ihn, vielleicht nur, um ihn zu schrecken, aber der Schuß traf, und Haddock blieb todt auf dem Platze.

Das war Mord, und wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde durch die Stadt. Haddock, der Fanatiker, wurde zu einem Märtyrer gemacht; die Sache der Freiheit war schwer geschädigt, die Abschaffung des tyrannischen Gesetzes auf Jahre hinausgeschoben. Wenn zufällig, war der Schuß zu bedauern, nicht wegen des einen Menschen, der sich besser als drei Viertel der Bürger der Stadt glaubte und Unmögliches zu bewerkstelligen suchte, sondern wegen der Sympa-

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thie, welche seine Tödtung für seine Sache erzeugte. Wenn absichtlich, so geschah es mehr als ein Akt der Furcht vor dem Knüppel des Pastors, aber dennoch unverzeihlich, denn kein Mensch hat das Recht, das Leben eines andern Menschen zu nehmen, wenn nicht sein eigenes Leben in Gefahr ist.

Die Temperenzler schlugen selbstverständlich volles Kapital aus diesem Vorfall, und die Schrauben des Verbotsgesetzes wurden überall fester angedreht. Sioux City selbst litt dabei und die Wirthe mehr als alle Anderen. Am Schlimmsten wurde der einzige Brauer Sioux City's, John Arensdorf, verfolgt. Weil er Brauer war und zugleich zum Wirthsverein gehörte, machten die Temperenzler ihn zum Sündenbock. Er sollte den Haddock erschossen haben; er war aber in der That gar nicht in der Nähe des Thatortes gewesen. Aber er war Brauer, und das genügte den Fanatikern. Sie brachten es nach langem Prozessiren fertig, seine Verurtheilung herbeizuführen, unter dem Druck des Elementes, welches durch das unglückselige Ereigniß, in Folge aufrichtiger oder stimulirter Sympathie, in die Mehrzahl gerathen war. Was im unteren Gericht, vor einseitigen Geschworenen durchgesetzt worden war, wurde natürlich vom Obergericht bestätigt, das gar zu gern für die Prohibitionisten Partei nahm, da zur Zeit nur Anglo-Amerikaner, mit allen Vorurtheilen gegen deutsche Sitten und Gebräuche beseelte Leute, auf der Richterbank saßen. John Arensdorf wurde des Todtschlages schuldig befunden, obwohl er ebensowenig der Thäter war, wie Neal Dow, der Vater des Temperenzgesetzes im Staate Maine. Der Fanatismus hatte aber besiegt; er hatte ein Opfer in der Gestalt eines deutschen Brauer bekommen, und groß war der Jubel in den Temperenzversammlungen.

Dem erschossenen Pastor wurde eine Gedenkkirche in Sioux City errichtet, und John Arensdorf mußte in's Gefängniß, obwohl nur auf kurze Zeit - ein paar Monate - um dem Verlangen nach einem Opfer zu entsprechen. Man hatte gehofft, daß Gouv. Boies ihn vorher begnadigen würde, aber der Druck der Kirche, die sich gegen Arensdorf verbündet hatte, war zu stark; obwohl der Gouverneur das Strafmaß herabsetzte, hatte er doch nachgegeben, und dadurch wurde der Flecken der Schuld auf einen unschuldigen Mann geworden. Der Staat Iowa hat keinen ehrenwertheren Bürger als John Arensdorf.

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Es ist höchlich zu bedauern, daß derselbe für den Leichtsinn oder die Feigheit eines andern derart büßen mußte. Die Geschichte wird ihn aber dennoch frei geben von diesem Verbrechen, und noch wenn das Haddock Gedenk-Kirchlein längst verfallen ist, wird man von der Ungerechtigkeit der Verurtheilung des Brauers John Arendsorf sprechen. Haddock's Mord kann nicht gerechtfertigt werden, aber ebenso wenig die Verurtheilung Arendorf's.

Das Sioux City'er Ereigniß führt zu weiteren Betrachtungen, denen sich der Geschichtsschreiber nicht entziehen möchte, weil sie ein Theil der Geschichte sind.

Von den 118 Brauereien Iowa's welche bei Inkrafttreten des Verbotsgesetzes in Betrieb waren, konnte man zwei Jahre später kaum mehr denn ein halbes Dutzend auffinden. Mit Ausnahme der Brauereien in Davenport und Dubuque waren sie sämmtlich geschlossen worden und das Kapital, das darin angelegt war, der Erwerb jahrelanger Thätigkeit und Sparsamkeit, auf einmal vernichtet. Die Ruinen von mehr als 80 Brauereien sind heute noch zu sehen und zeugen mit gespensterhafter Grelle für die Intoleranz der 80er Jahre des 19. Jahrhunderts in Iowa. Den Brauern wurde Alles genommen, und Keiner bekam auch nur einen Dollar Vergütung. Ihr Geschäft war ebenso gesetzlich vor der Annahme des Clark-Gesetzes, wie das des Bäckers oder des Wurstmachers, und ihr Eigenthum war ebenso heilig, wie das Eigenthum von Advokaten und Richtern. Es war ein schreiendes Unrecht, dieses Eigenthum der Zerstörung zu weihen, ohne sie für den Verlust, den sie dabei erlitten, zu entschädigen, und es ist deshalb nicht nur zu verwundern, daß mancher Brauer, der durch das Verbotsgesetz Alles verlor und gänzlich verarmte, sich nicht aus Verzweiflung das Leben nahm, sondern daß nicht mehr Gewaltthaten, wie die in Sioux City, vorgekommen sind. Die Gesetzliebe der Brauer, die sich unter solchen Umständen einer fanatischen Unduldsamkeit, die man als Tollwuth bezeichnen kann, friedlich fügen konnten, spricht goldene Worte für sie und zeugt gegen ihre Verleumder und Verfolger. In irgend einem anderen Lande und unter irgend einem anderen Volke als den Deutschen, wären Mord und Todtschlag an der Tagesordnung gewesen, denn keine Person,

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keine Obrigkeit und keine Regierung darf rechtlich einem Bürger sein Eigenthum nehmen, ohne ihn dafür zu entschädigen. Ihr Geschäft war bis dahin gesetzlich gewesen, sie waren keine Verbecher, sie waren ebenso im Recht wie ein jeder andere Geschäftsmann, und die Vernichtung ihres Eigenthums war deshalb ein Akt des Nihilismus, schlimmer als Raub. Sie ist und bleibt ein Schandfleck in der Geschichte unseres großen Staates.

In 1890 wurden durch die Annahme der sogenannten "Wilson Original Package Bill" vom Congreß die Temperenzverfolgungen eine Zeitlang eingestellt, da laut deren Bestimmungen die verschiedenen geistigen Getränke, wenn von einem anderen Staat nach Iowa gebracht, in der Original-Verpackung, aber sonst nicht, verkauft werden durften. Diese Verordnung war auf das zwischenstaatliche Handelsgesetz basirt, und während sie die Brauer und Brenner in andern Staaten bereicherte, konnten unsere Bürger etwas freier aufathmen. Die Moral der Sache aber, daß man in Iowa das einführen und verkaufen darf, was nicht hier erzeugt und fabrizirt wird, während war der Staat in so reichlichem Maße zu ziehen und zu fabriziren im Stande wäre, man nicht verkaufen darf, hat jeden rechtdenkenden Bürger mit nichts weniger als Erbauung berührt. Es war den meisten bekannt, daß Millionen von Dollars jährlich vor und nach Annahme der Wilson Bill nach anderen Staaten geschickt wurden für Getränke, welche hier getrunken wurden, und die, wenn hier gemacht, sicherlich nicht mehr Trunkenheit oder Laster erzeugt haben würden. Dabei hatten sie zusehen müssen, wie der Staat in den fünf vorhergegangenen Jahren, vom Uebrschuß der Geburten über die Sterbefälle abgesehen, an Bevölkerung ab-  statt zunahm, während alle anderen Staaten im Nordwesten, sogar Wisconsin, das weit hinter Iowa steht an Bodenreichthum und sonstigen Hilfsmitteln, ihre Einwohnerzahl bedeutend vermehrten. Sie sahen, wie die große Brennerei in Des Moines, s. Z. die größte der Welt, zugeschlossen wurde, und die Farmer vom mittleren Iowa den besten Maismarkt, den sie je hatten, dadurch verloren; denn sie hatten vorher für ihren Mais stets von 5 - 6 Cents mehr erhalten, als sie nach Schließung der Brennerei bekamen. Der Achtb. A. B. Cummins, Mitglied der Gesetzgebung für Polk County

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und ein angesehener Republikaner, der aber wie viele andere prominente Männer seiner Partei wegen der Temperenzwirthschaft im Staate temporär gegen seine Partei auftrat, sagte in einer Rede in 1889 bezüglich dieser Brennerei:

"Wir hatten in Des Moines eine Industrie, welche von 1500 bis 5400 Bushel Mais täglich verarbeitete - im Ddurchschnitt 3000 Bushel täglich - und den Farmern dieser Umgegend $3100 den Monat für Mais einbrachte, der hier verbraucht wurde, und den Preis für wenigstens dreimal so viel Korn erhöhte, und ihnen somit $12, - 480 den Monat, oder $140,760 per Jahr einbrachte. Sie gab 100 Arbeitern Beschäftigung, und deren Löhne beliefen sich auf $125,000 im Jahr. Sie hatte Stallungen für von 2000 bis 4000 Stück Vieh und schaffte einen Markt für nicht weniger als 1500 Tonnen billiges Heu, zu $4 bis $5 die Tonne. Sie lieferte einen Markt für Roggen, für den sonst hier kein Bedarf war."

Die Erfahrungen, welche unser Staat mit der Prohibition gemacht hat, können wir nachstehend kurz summiren. Sie hat, anstatt der Menschheit eine Wohlthat zu erweisen und dem Staate bessere Bürger zu geben:

Viele Leute zu Lügnern, Meineidigen und Heuchlern gemacht und Ordnungsliebe in's Gegentheil verkehrt.

Sie hat für alle Gesetze und für alle Gerichte Mißachtung erzeugt.

Sie hat die Steuern erhöht und keinen Ersatz dafür geboten.

Sie hat den geheimen Suff und mit diesem andere Laster gefördert.

Sie hat Brauer und Wirthe arm gemacht und dabei Apotheker, welche im Geheimen mit Schnapps handelten, zu Kapitalisten gemacht.

Ihretwegen sind hundert Millionen Dollars nach anderen Staaten für Getränke geschickt worden, welche ebenso gut hätten hier verfertigt werden können, ohne daß hier eine Gallone mehr getrunken worden wäre.

Sie hat Farmern den einheimischen Markt vernichtet, so daß dieselben die Fracht für ihr Getreide nach Chicago zahlen müssen und dann wieder die Fracht auf Getränke, die sie sich kommen lassen.

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Sie verringerte die Einwanderung und hat gesetzlich erworbenes Eigenthum im Werthe von Millionen confiszirt und vernichtet, ohne dessen Besitzern einen Dollar Entschädigung oder Vergütung zu geben.

Sie hat eine Horde von professionellen Spitzeln und Winkeladvokaten geschaffen, welche den Staat jährlich eine halbe Million Dollars gekostet haben, und viele andere Betrüger.

Sie schuf geheime Lasterhöhlen für junge Leute, welche unter einem rechtmäßigen Licensgesetz unmöglich bestehen konnten.

Sie hat nichts als brutale Hetzereien, Verfolgungen und schmähliche Unterdrückung erzeugt, und durch den stillen Suff, den sie förderte, mehr Armuth und Verbechen geschaffen.

Wir haben in dieser Geschichte des Temperenzwesens nur die Hauptereignisse und Eindrücke geschildert; denn um eine vollständige Geschichte der Prohibition zu bringen, würde es ein ganzes Buch wie dieses, erfordern. Was hier angeführt worden ist, wurde allein im Sinne der Gerechtigkeitsliebe gegeben, was man in anderen Geschichtsbüchern hinsichtlich dieser Sache leider nicht immer findet. Der Leser dieses Buches in späteren Jahren wird wohl staunen, daß solche Sachen in einer freien Republik und in einem Lande der allgemeinen Volksaufklärung vorkommen konnten. Doch sind es nur Thatsachen, die wir gebracht haben. Mögen dieselben als Warnung für die Nachkommenschaft dienen und sie lehren, daß die Freiheit und die individuellen Rechte nur durch fortwährende Wachsamkeit der Bürger gewahrt werden können.

In 1889 wurde Horace Boies, der demokratische Candidat für Gouverneur, mit einer Pluralität von 6573 Stimmen über seinen republikanischen Gegner Hutchinson gewählt. In 1891 wurde Herr Boies mit einer noch größeren Pluralität, nämlich 8216, über Wheeler zum Gouverneur gewählt und mit ihm das ganze demokratische Staats-Ticket.

Diese demokratischen Siege trugen dazu bei, daß die republikanische Partei in ihre Platform von 1893 einen Beschluß aufnahm, in welchem sie sagte: "Prohibition ist keine republikanische Parteiforderung." Sie verwies die Prohibitionsfrage an die Gesetzgebung zurück. Das Volk solle darüber entscheiden durch Erwählung von Gesetzgebern.

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Die Populisten nahmen einen Beschluß für Beibehaltung des Prohibitinos-Gesetzes an, und die Demokraten faßten, wie gewöhnlich, einen Licens-Beschluß. Die Republikaner siegten in der Wahl in der Gesetzgebung von 1894 und nahmen das sogenannte Mulct-Gesetz an, welches das alte Prohibitionsgesetz nicht widerruft, aber unter gewissen Bedingungen den Verkauf von berauschenden Getränken gestattet.

Die Bestimmungen des Mulctgesetzes sind kurz gefaßt wie folgt:

Sekt. 1. Bestimmt eine Steuer von $600 jährlich, von welcher $300 an das County gehen. Städte und incorporirte Ortschaften können die Steuer höher machen, wenn sie wünschen. Jetzt beträgt dieselbe außerhalb der Flußstädte meistens $1000 bis $1200, auch in einzelnen Fällen bis zu $1600. Die Steuer ist eine Belastung des Eigenthums, worauf die Wirthschaft geführt wird.

Sekt. 2. Der Steuerabschätzer (Assessor) muß den County-Auditeur vier Mal des Jahres eine Liste der Lokale vorlegen, in welchen berauschende Getränke verkauft werden.

Sekt. 3. Wenn der Steuereinschätzer seine Pflicht versäumt, dann können drei Personen durch beschworene Erklärung dem County-Auditeur die Nummer und den Platz angeben, wo solche Getränke verabreicht werden.

Sekt. 4. Wird Jemand mit der Mulct-Steuer ungerecht belastet, so muß er sich bei der nächsten Sitzung des County-Supervisorenrathes melden. Hier haben eigene Behauptungen keine Giltigkeit. Dabei hat der Reklamirende alle Zeugen-, sowie Advokatengebühren zu entrichten, und der County-Anwalt steht gegen ihn im Gericht.

Sekt. 5. Beim Gesuch um Erlaß der Mulct-Steuer wird der Ruf des Platzes in Betracht gezogen, und der Besitz einer Ver. Staaten Licens ist Beweis, daß die Steuer rechtmäßig auferlegt wurde.

Sekt. 6. Wenn beim Verhör bezeugt wird, daß der Grundeigenthümer wußte oder wissen konnte, daß in seinem Haus oder auf seinem Grundstück berauschende Getränke verkauft wurden, so soll der Gerichtsschreiber den County-Auditeur davon in Kenntniß setzen zum Zweck der Besteuerung.

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Sekt. 7. Wenn bewiesen wird, daß der Spirituosenverkauf nicht länger als sechs Monate in dem betreffenden Jahre stattgefunden haben kann, soll ein entsprechender Theil der Jahressteuer ausschließlich der Gerichtskosten nachgelassen werden.

Sekt. 8. Der Steuereinschätzer soll ein Asseßmentbuch für Liqueurhändler führen, in welchem die Plätze eingezeichnet sein sollen, in welchen Spirituosen verkauft werden, sowie die Namen des Miethers, Eigenthümers und Agenten des Grundstückes.

Sekt. 9. Die Supervisoren sollen in jeder regelmäßigen Septembersitzung die Mulct-Steuer von $6000 das Jahr auferlegen und die Namen der Schankwirthe sowie des Grundeigenthümers dabei angeben.

Sekt. 10. Der County-Auditeur soll dem County-Schatzmeister diese Steuerauflage zustellen und bescheinigen, und derselbe soll die Steuer sowie die Kosten im Fall der Appelation in seine Bücher eintragen.

Sekt. 11. Jeder Wirth muß halbjährlich vor dem 1. April und dem 1. October die Steuer entrichten. Im Unterlassungsfalle wird eine Strafe von 20 Prozent nebst 1 Prozent per Monat zugeschlagen.

Sekt. 12. Am ersten Montag im Juni und Dezember soll der Schatzmeister die Baustellen oder sonstige Grundstücke, auf welchen rückständige Mulct-Steuern lasten, öffentlich zur Versteigerung bringen.

[sections 13-14 are missing in Eiboeck's account]

Sekt. 15. Der County-Anwalt hat darauf zu sehen, daß das Gesetz ausgeführt wird, und die Einschätzer, Supervisoren und Schatzmeister sollen ebenfalls für die Ausführung desselben sorgen.

Sekt. 16. Keine der Bestimmungen dieses Gesetzes soll so ausgelegt werden, als ob dadurch das Geschäft des Verkaufes von berauschenden Getränken in irgend einer Weise legalisirt würde, auch soll die Schatzung des Betriebs nicht als Licensirung desselben erachtet werden. Ferner schützt die Einschätzung oder Bezahlung der Mulct-Steuer die Gesetzesübertreter nicht vor Strafe, vorgesehen nur, daß unter den nachstehend angeführten Bedingungen die Strafen suspendirt werden können.

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Sekt. 17. Städte von 5000 Einwohnern und darüber können, wenn eine Mehrheit der Wähler, die bei der letztvorhergehenden Generalwahl gestimmt und beim County-Auditeur ihre schriftliche Zustimmung (Petition of Consent) eingereicht haben, vierteljährlich am ersten Januar, April, Juli und Oktober jeden Jahres die Mulct-Steuer erheben. Die Zahlung derselben soll unter den folgenden Bedingungen ein Schutz gegen Verfolgung unter dem jetzigen Prohibitionsgesetz sein.

1) Jeder, der in einer Stadt von 5000 Einwohnern um die Mulct-Steuer einkommt, muß bei dem County-Auditeur nebst einer Abschrift des vom Stadtrathes angenommenen Beschlusses, laut dessen Schankwirthschaften erlaubt werden, die schriftliche Einwilligung aller anstoßenden Grundbesitzer innerhalb 50 Fuß von dem Platz, wo das Schankhaus sein soll, einreichen. In keinem Fall darf ein solches Geschäft innerhalb 300 Fuß von einer Kirche oder einem Schulhause geführt werden.

2) Der Wirth muß beim County-Auditeur einen vom Gerichtschreiber genehmigten Bürgschein im Betrage von $3000 hinterlegen für alle etwaigen Ansprüche auf Entschädigung, welche wegen Verkaufs von Spirituosen erhoben werden mögen. Dieser Bürgschein muß außer von ihm selbst von zwei weiteren Bürgern unterzeichnet sein, deren Vermögen je doppelt so groß ist, wie der Vertrag des Bürgscheins; keiner von denselben darf als Bürge auf noch einem andern Bürgschein dieser Art figuriren.

3) Alle Verkäufe sollen in einem einzelnen Zimmer stattfinden, das nur eine Eingangsthür und keine Seiten- oder Hinterthüre hat, Die Eingangsthür muß auf eine öffentliche Geschäftsstraße führen; keine Läden, Vorhänge oder Farbenanstriche sind an den Fenstern oder an der Thür statthaft, so daß der Schanktisch von der Straße aus vollständig übersehen werden kann. Auch dürfen keine Stühle, Bänke oder sonstigen Möbel vor dem Schanktisch sein, und alle in dem Lokal beschäftigten Personen müssen beim County-Auditeur angemeldet sein, und Niemand sonst darf hinter dem Schanktisch sein.

4) Das Lokal muß ruhig und ordentlich geführt werden.

5) Es darf kein Hazardspiel, kein Kartenspiel, Würfel- oder

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Billardspiel u. d. gl., noch Musik, Tanz oder andere Vergnügungen in dem Wirthszimmer noch in einem Nebenzimmer stattfinden.

6) Bilder, welche als unmoralisch betrachtet werden können oder unanständige Dekorationen, Inschriften, Plakate u. d. gl., sind in dem Lokale verboten.

7) Weibliche Personen dürfen in einem Schanklokale nicht beschäftigt werden.

8) Die Wirthschaft darf nicht vor 5 Uhr Morgens geöffnet und muß um 10 Uhr Abends geschlossen sein. An Sonntagen, an Wahltagen oder an gesetzlichen Feiertagen darf das Lokal weder am Tag noch am Abend offen gehalten werden.

9) Minderjährige dürfen in dem Schanklokale nicht geduldet werden und dürfen solchen Personen, welche die Trunksuchts-Kur durchgemacht haben, keine berauschenden Getränke verkauft werden.

10) Wirthe dürfen Niemandem Spirituosen verkaufen, dessen Frau, Gatte, Eltern, Kinder, Bruder, Schwester, Vormund, Mündel über 14 Jahren oder Arbeitgeber solches schriftlich untersagt haben.

Für Städte unter 5000 Einwohnern.

Sekt. 18. In Städten von weniger als 5000 Einwohnern muß eine schriftliche Zustimmung (Petition of Consent) 65 Prozent aller gesetzlichen Wähler erfolgen, ehe Schankwirthschaften eröffnet werden können.

Sekt. 19. Bei Uebertretung irgend einer der Bestimmungen dieses Gesetzes, oder auf Stadtraths-Beschluß, oder wenn die Wähler der Stadt, des Town, oder des Countys durch Petition es verlangen, tritt statt der in Sekt. 17 angegebenen Bestimmung das alte, nicht widerrufene Prohibitionsgesetz von 1855 in Kraft.

Sekt. 20. Jede Unterschrift auf einer Zustimmungs-Petition soll als eine Fälschung erachtet werden, wenn nicht von einer Erklärung eines achtbaren Bürgers begleitet, daß er Augenzeuge der Unterzeichnung gewesen. Die Unterzeichnung ist ungiltig, wenn die Petition nicht innerhalb 30 Tagen nach der Unterzeichnung beim County-Auditeur eingereicht wird.

Sekt. 21. Der County-Auditeur soll gehalten sein, alle auf ein Mulctgesuch bezüglichen Schriftstücke auf Verlangen eines Bürgers

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demselben vorzulegen; Zuwiderhandlung ist mit einer Geldbuße von $150 zu ahnden.

Sekt. 22. Das Weggeben oder die Lieferung von berauschenden Getränken an irgend Jemanden unter irgend welchem Vorwande wird als ein Verkauf erachtet und bestraft werden.

[Section 23 is missing in Eiboeck's account]

Sekt. 24. Städte und incorporirte Towns sollen das Recht haben, weitere Steuern aufzuerlegen und sonstige Verordnungen zu treffen bezüglich Kontrollirung und Regulirung des Verkaufs berauschender Getränke.

In 1897 wurde das Mulctgesetz dahin abgeändert, daß wo unter dem Mulct-Gesetz Licensen ertheilt werden, auch Bier gebraut werden darf, nachdem in Städten von 5000 Einwohnern die Unterschriften von 50 Prozent der Stimmgeber gewonnen worden sind und in Städten von weniger als 5000 Einwohnern 65 Prozent.

Während in den größeren Städten am Mississippi- und Missouri-Fluß dem Mulctgesetz ebensowenig wie dem alten Prohibitionsgesetz Beachtung geschenkt wird, ausgenommen die Bezahlung einer erhöhten Steuer geschenkt wird, ausgenommen die Bezahlung einer erhöhten Steuer für Schank-Conzessionen, werden die Wirthe im Innern des Staates und besonders in Des Moines beständig drangsalirt. Dieselben müssen bei einer jährlichen Licens.Steuer von $1200 nebst Regierungs- und anderen -Steuern noch habgierigen Spitzeln und benso schlimmen, gelderpressenden Winkeladvokaten, Constablern und Polizisten Tribut zahlen.

Der unsterbliche Abraham Lincoln sagte einst: "Lasset die Ehrerbietung vor dem Gesetz von jeder Mutter dem lispelnden Kinde einhauchen, das auf ihrem Schooße lallt; lasset sie in den Schulen, Seminarien und Universitäten lehren; schreibet davon in die Schulbücher und Kalender; lehrt sie von den Kanzeln, verkündet sie in den Hallen der Gesetzgebung und verschafft ihr in den Gerichten Geltung, kurzum, lasset sie die politische Religion der Nation werden."

Ein jeder patriotische Bürger wird dem großen und guten amerikanischen Staatsmanne hierin beistimmen. Dabei sollte aber der Staat stets beflissen sein, dem Volke nur solche Gesetze zu geben, welche nicht im Widerspruch mit der Verfassung der Vereinigten Staaten stehen und die nicht die unveräußerlichen Rechte der Bürger beeinträchtigen oder umstoßen, wie es die Prohibitionsgesetze bisher gethan haben.