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Chapter 7 (transliteration): Iowas Glanz- und Drangperiode

Joseph Eiboeck, Die Deutschen von Iowa: Chapter 7

Siebentes Kapitel.

 

 

Iowaꞌs Glanz- und Drangperiode.

 

 

In dem Jahre der Aufnahme des Staates in die Union und den darauffolgenden Jahren stieg die Bevölkerung allmälig [allmählich], jedoch erst in der ersten Hälfte der 50 Jahre nahm dieselbe in großem Maßstabe zu. Es kam ein immenser Strom von Auswanderern aus den östlichen Staaten und von Einwanderern aus Europa nach Iowa. Das hatte eine Periode des flottesten Geschäftsganges zur Folge, der je in Iowa, oder auch in andern Staaten erlebt worden ist. Wenn auch nicht Alle besonders bemittelt waren, welche in den Jahren 1852, ꞌ53, ꞌ54, ꞌ55 und ꞌ56 nach unserem vielversprechenden Staate gekommen sind, so brachte doch ein Jeder Etwas, und die Tausende, die da kamen, machten aus den größern [größeren] Mississippi-Fluß-Städten [Mississippi-Flussstädten] von Keokuk aufwärts bis nach Burlington, Davenport, Dubuque und McGregor Eldorados des Lebens und des Geschäftsgeistes. Eine jede der genannten Städte wollte in ein paar Jahren Großstadt werden, und wäre die Einwanderung so fortgefahren, so würden sie es auch geworden sein. Die Geschäftsleute „machten Geld wie Heu“, denn ein jeder, der nach dem Westen kam, um sich eine Farm unter den [dem] Heimstätte-Gesetz [Heimstätten-Gesetz, Homestead Act] zu sichern, mußte [musste] Farmgeräthschaften [Farmgerätschaften], Hausrath [Hausrat] und Lebensmittel kaufen, und die waren damals nicht so billig wie heute. Gebaut wurde an allen Ecken, und die Arbeiter hatten hohen Lohn und beständigen Verdienst, der denn auch, wie es bei den Arbeitern gewöhnlich geht, wieder unter die Leute kam, denn die Arbeiter ließen sich, was Lebensgenüsse betraf[,] nichts abgehen. Die noch heute schöne Mainstraße in Keokuk zeugt von den großen Bauten, welche in den genannten Jahren dort aufgeführt wurden. In Dubuque sieht man wenig mehr der alten Gebäude, welche in ꞌ55, ꞌ56 und ꞌ57 gebaut wurden; der Feuerdämon hat viele derselben, die nicht von selbst zusammengestürzt sind, in Aschenhaufen verwandelt. Hotels, wie das große St. Cloud, wurden damals gebaut; so groß, wie man sie heute kaum größer hat. Nicht nur Privatleute waren unternehmend; auch Städte, Townships und Counties entwarfen großartige Pläne. Eisenbahnen wurden in allen Richtungen angelegt. Städte und Counties luden sich immense Schuldenlasten auf, für Bahnen, die nur eine kurze Strecke gebaut[,] und andere, die gar nie gebaut wurden. Große Deiche wurden an den Fluß-Niederungen [Flussniederungen] gebaut, und Alles mit geborgtem Geld. Landstraßen wurden mit Diehlen [Dielen] belegt, „Plank Roads“, wie man sie nannte, gemacht; große Markthäuser und Stadthallen wurden gebaut; überhaupt, man kannte keine Schranken des Fortschrittes mehr. Der Credit [Kredit] schien unerschöpflich, ebenso der Unternehmungsgeist der Bürger.

Das Ende kam aber doch. Der Abrechnungs- und Zahltag stellte sich ein. Es war im verhängnißvollen [verhängnisvollen] Jahre 1857, als der Schlag kam und das ganze Land traf, aber hauptsächlich, mit einer Wucht wie seither nie wieder, den Westen mit seiner überhasteten Entwicklung. Die Krache [Wirtschaftskrisen] von 1873 und 1893 waren Kleinigkeiten im Vergleich mit dem finanziellen Zusammenbruch in ꞌ57. Wie ein schwerer Junifrost die üppigen, grünen Felder und Gärten in einer Nacht mit seinem verheerenden Hauche schwärzt und vernichtet, so kam die Krisis damals und legte Alles brach. Fast alle Banken stürzten zusammen wie Kartenhäuser, denn sie waren ja nur auf Papierscheine gestützt, und mit ihnen fielen fast alle großen und kleinen Geschäftshäuser. Mit dem Bauen war es auf einmal zu Ende. Häuser, die nicht fertig gebaut waren, blieben gerade, wie sie waren, als der Krach kam. Geld gab es keines mehr. Die Wildkatzen-Banknoten [Banknoten aus der Zeit vor einer Bankenregulierung] hatte man wohl, sie waren aber nichts werth [wert], und von Gold und Silber war fast keine Spur mehr im öffentlichen Verkehr. Die Noth [Not] stieg von Tag zu Tag[,] und um Hilfe zu schaffen, gaben verschiedene Städte ihre eigenen Banknoten oder Zahlscheine unter dem Namen „City Scrip“ heraus im Betrage von $1 bis zu $10. Darauf fingen die größeren Geschäftshäuser an, auch Zahlscheine im Betrag von $1 und darunter auszugeben[,] und bald gab es fast keinen Geschäftsmann mehr, ob Barbier, Schuster, Schneider, Schankwirth [Schankwirt], oder was immer er war, der nicht Geldscheine von 5 Cents bis zu $1 im Umlauf hatte. Schreiber dieses druckte einen vollen Monat während der Drangperiode Karten und Papierscheine für Geschäftsleute in Dubuque. Ein Jeder gab so viel heraus, wie er dachte absetzen zu können für Waare [Ware], die man noch an Hand hatte; wie aber andere Waare [Ware] vom Osten bezogen werden mußte [musste], da mußte [musste] man Geld – Gold oder Silber – haben, und weil die Leute keines hatten, ausgenommen diejenigen, welche vorsichtiger waren und das ihrige versteckt hatten und nicht herausließen, so wurde die Lage noch peinlicher als vorher. Die temporäre Abhilfe mit den vielseitigen Papierscheinen ließ mehr denn vorher erkennen, wie finanziell wackelig die große Mehrzahl der Leute waren. Sie hatten Baustellen, sie hatten Häuser, aber diese brachten kein Geld[,] und Geld war es, was die Gläubiger haben wollten.

Es waren trübe Tage, schwere Monate, und Jahr um Jahr verfloß [verfloss], bevor sich eine Besserung einstellte. Der Ausbruch des Krieges in 1861, gerade nach dieser Periode des Darniederliegens von Handel und Wandel[,] machte die Lage, wenn möglich[,] noch schlimmer. Wären nicht die Lebensmittel, ausgenommen Mehl, damals so billig gewesen in den Landstädten (Eier, drei Cents das Dutzend; Butter, fünf und sechs Cents u.s.w.), so wäre manche Familie des Hungers gestorben. Aber Geld für das Wenige aufzubringen fiel schon schwer, und mußten [mussten] Handwerker wie Taglöhner, erstere für $1, und letztere für 50 Cents den Tag arbeiten und ihren Lohn in Form von Lebensmitteln oder sonstigen Waaren [Waren] herausnehmen.

Erst nachdem die hohen Werbegelder in 1862 und ꞌ63 in Umlauf kamen, wurden die Zeiten besser, und zwar rasch darnach. Obwohl das Gold-Agio hoch war und zu einer Zeit es beinahe $3 in Papiergeld erforderte, um so viel zu kaufen, wie $1 in Gold gebracht haben würde, fingen dennoch die Geschäffte [Geschäfte] an, wieder aufzublühen[,] und Geld floß [floss] aus den Banken und in die Banken. Eine Bauthätigkeit [Bautätigkeit] entwickelte sich wieder im Westen und besonders in den neuen Ortschaften und Gegenden unseres Staates, die sich beinahe mit dem bunten, tobenden „Buhm“ [Boom] früherer Jahre in den Fluß-[Fluss-]Städten vergleichen konnte. Die Farmer, die zeitweise $1.50 für den Bushel Weizen und $6 bis $7 per Zentner für Schweine erhielten, konnten wohl auch für Kleider $30 und $40 bezahlen, die man heute für $8 und $10 kaufen kann. Da hätten, wie man meinen möchte, die Farmer sämmtlich [sämtlich] reich werden sollen, und sind auch viele unter ihnen wohlhabend geworden, jedoch das Verlangen nach größeren Farmen, nach großen Besitzungen trieb viele an, mehr Land zu kaufen. Dieselben ließen sich in Schulden ein. Wie der Krieg nun zu Ende ging, fielen die Produkte im Werth [Wert], obwohl sonst Alles theuer [teuer] war. Der Zahltag kam für Interesse [die Zinsen] wie auch für die Hauptschuld, und sie konnten nicht zahlen. Die Interessen [Zinsen] waren noch 10 Prozent, nicht zu erwähnen die Wucherzinsen, denen sich manche unterwerfen mußten [mussten], um etwas von ihren Ersparnissen zu retten.

In den Städten ging es unter den Geschäftsleuten nicht besser. Obwohl die meisten vorsichtiger waren als in ꞌ57, so wurden dennoch zu viele Geschäfte mit zu geringem eigenen Kapital geführt, und die Spekulationswuth [Spekulationswut] führte zum Krach, der in 1873 erfolgte und auf mehrere Jahre wieder den Geschäftsgang lähmte. Es nahm wieder mehrere Jahre, bis sich die Bürger der Ver. Staaten von dem Krach erholten, aber nicht so lange wie nach ꞌ57, denn man hatte wenigstens gutes Geld, keine Wildkatzen-Banken, und wenn es auch infolge der Anhäufung in Banken und Versteckplätzen rar war, so war es doch gut, und nach Verlauf von 4 bis 5 Jahren gab es wieder flotten Geschäftsgang, und zwar wieder mit den alten Resultaten – zu große Unternehmungen mit zu wenig wirklichem Kapital[,] und wie die Zahlung kam in 1893, hatte das Land wieder eine bedenkliche Krisis [Krise], die etwas schlimmer war, als die in 1873, und länger andauerte infolge eines in Finanzkreisen Besorgnisse erregenden Währungsstreites. So war es damals und so wird es immer gehen, wenn mit der Besserung der Lage sich die früheren Mängel und Fehlgriffe wieder einschleichen, mag die Währung sein wie sie will. Zu wenig Leute wissen wie zu sparen; zu Viele spekuliren [spekulieren] gern – wollen zu schnell reich werden – der Zahltag kommt gewöhnlich, wenn ein Jeder seine Bezahlung haben will, und ein Krach und eine Krisis [Krise] ist wieder da – so wird es sein bis zum Ende der Tage.