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Chapter 5 (transliteration): Obst- und Gartenbau

Chapter Five of <em>Iowa, die Heimat für Einwanderer</em> (1873)

Fünftes Kapitel.

Obst- und Gartenbau.

Iowa ist vorzugsweise für die Landwirthschaft geeignet. Was immer dieser Staat jetzt schon und in der Zukunft dem Fabrikanten, dem Minenarbeiter oder andern Personen, die in den verschiedenen Geschäftszweigen ihr Fortkommen suchen, bieten mag, eine Thatsache steht fest, nämlich, daß die wahre Quelle seines Wohlstandes, seiner wachsenden Größe und seines zukünftigen Reichthums in der Eigenschaft seines Bodens liegt, der dem Menschen die zu seinem Unterhalt absolut nothwendigen Artikel liefern kann. Möge nun der Einwanderer vorzugsweise sein Augenmerk auf den Bau von Feldfrüchten: Weizen, Welschkorn, Gerste, Hafer, u.s.w. richten, oder möge er vermittelst der Viehzucht, oder durch Anlegung von Obst- und Weingärten seine Zukunft sichern wollen; so viel ist gewiß, er findet in Iowa's Boden einen Reichtum, welcher richtig und weise benützt, ihn nie stiefmütterlich behandeln wird. Ich habe vorher schon einige Zeilen des Anbaues von Feldfrüchten gewidmet. Sprechen wir deßhalb in diesem Kapitel über einen andern Zweig der Landwirthschaft, über den Obst, Garten- und Weinbau.

Wilde Früchte, wie Holzäpfel, wilde Kirschen, Pflaumen und Beeren, z. B. Stachelbeeren, Himbeeren, Erdbeeren, sowie auch verschiedene Sorten wilder Weintrauben, finden wir in großer Menge in den Waldungen des Staates; und zur Zeit der ersten Ansiedlung und bevor der Landwirth sein Augenmerk auf Obst- und Gartenanlagen richten konnte, bezog er seinen Bedarf an Früchten daher. Noch heut zu Tage finden wir vom August bis zum späten Herbst in unsern Waldungen Leute beschäftigt, die entweder für ihren eigenen Bedarf, oder für den Zweck des Verkaufs, diese Gaben der Natur pflücken. Schon die Thatsache, daß der uncultivirte Boden diese, oftmals sehr schönen Früchte producirt, ist hinlänglicher Beweis dafür, daß der cultivirte Boden eine große Ertragsfähigkeit von zahmen Früchten haben muß.

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Der Apfel ist der König der Früchte Iowa's. Jedes Jahr beweißt, daß Boden und Klima sich zu einer erfolgreichen Cultur dieser Frucht eignen. Unsere Gärtner und Obstzüchter haben bei den, in verschiedenen Theilen der Union abgehaltenen Fruchtausstellungen, die höchste Anerkennung für die Größe, Schönheit und den Geschmack ihrer gezogenen Früchte erhalten. Noch vor wenigen Jahren zurück mußte Iowa Aepfel einführen, jetzt werden jährlich tausende Buschel nach dem nördlichen Minnesota, und den, westlich vom Missourifluß belegenen Staaten und Territorien versandt, und der Verkauf dieses Artikels gewährt schon eine bedeutende Einnahme. Der Apfelbaum wächst in Iowa sehr rasch, und trägt sehr früh, erreicht indeß selten ein hohes Alter.

Der Verfasser dieser Broschüre pflanzte im Jahre 1853 ungefähr 50 Apfelbäume, und schon im Jahre 1858 hatte er die erste, wenn auch nicht große Ernte. Der Ertrag seines Obstgartens im Jahre 1870, von den nämlichen Bäumen, betrug ungefähr 300 Buschel. Die Obstgärten Iowa's lieferten, laut statistischer Berichte, im Jahre 1872, 800,000 Buschel Aepfel. Auch der Birnbaum gedeiht hier in Iowa sehr gut, namentlich da, wo der Boden lehmhaltig ist. Man hat in den letzten Jahren einige ganz vorzügliche Sorten erzielt. Gewöhnlich werden Zwergbäume gezogen, da man ausgefunden, daß diese früher und besser tragen. Außerdem bauen wir in unsern Obstgärten ausgezeichnete Pflaumen, Pfirsiche und hin und wieder auch Quitten. Mit getrockneten und eingemachten Pfirsichen wird in einigen Theilen Iowa's ein nicht unbedeutender Handel betrieben. Der Pfirsichbaum trägt schon im 3ten Jahre nachdem er gepflanzt wurde.

Alle Sorten Beeren gedeihen hier gut, namentlich sind Johannisbeeren, Himbeeren und Erdbeeren von vorzüglicher Güte. Andere Gartengewächse, wie Zwiebeln, gelbe und rothe Rüben, Rettige und alle andern knollenartigen Pflanzen, die man unter diesem Breitengrade findet, werden mit Leichtigkeit gezogen, ebenso die verschiedenen Salat- und Kohlarten, so wie Sellerie, Spinat, u s. w. Süßkartoffeln, Kürbisse, ja sogar Melonen, und von diesen 8 bis 10 verschiedene Sorten, gedeihen hier sehr gut im Freien, und bilden einen Hauptbestandteil unserer Gärten. Wassermelonen und verschiedene Kürbisarten erreichen mitunter eine fabelhafte Größe, und werden vortheilhaft in den Städten verkauft. Namentlich ist es die Wassermelone, die in den heißen Monaten ihre saftigen Fleisches wegen sehr begehrt wird. Spargelbeete findet man fast in jedem Garten. Der Spargel gedeiht hier gut, und die Anlage der Beete ist mit wenigen Kosten verknüpft. Für Viehfutter zieht man gewöhnlich die große schwedische Rübe; diese wird nicht allein in Gärten, sondern auch auf dem Acker gebaut. Man hat Fälle gehabt, wo

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man von einem Acker Land 500 Buschel Rüben erntete. Nicht mit Unrecht wird Iowa der Garten Amerika's genannt.

Bis vor etwa 10 Jahren zurück wußte man von dem Weinbau in Iowa wenig oder gar nichts. Man fing zuerst in dem südöstlichen Theile des Staates an die Hügel am Mississippi mit Reben zu bepflanzen, anfangs nur für den Tafelgebrauch, nach und nach aber auch für die Gewinnung von Wein. Der Weinbau hat seit der Zeit hier riesige Fortschritte gemacht, und gegenwärtig ernähren sich Tausende Menschen davon, und die Hügel am Missisippi sowohl, wie die Abhänge anderer Flüsse im Innern von Iowa, gewinnen von Jahr zu Jahr mehr das Ansehen der europäischen Weingegend. In Lee und Des Moines County reihen sich Acker an Acker, bepflanzt mit der herrlichen Rebe, und es ist ein prachtvoller Anblick, wenn man im Herbst per Dampfschiff den Strom hinauf oder hinunterfahrend, die mit blauen, rothen, und gelben Trauben besäeten Weingärten an den Hügeln des Missisippi betrachtet. Anfangs zog man nur die gewöhnlichen Tafeltrauben, aber jetzt pflegt man schon mit Erfolg die edlern Sorten. Die von der Virginia Seedling, Delaware, Hartford Prolofic, Diana, Isabella und Catawba gekelterten Weine können sich kühn mit den feurigen Weinen Frankreichs oder den milden der Rheingegenden messen. Auswanderer von den Weingegenden Deutschlands und der Schweiz, die mit der Kultur der Rebe und der Fabrikation des Weines betraut sind, können sich, mit einem kleinen Betriebskapital, durch Anlage eines Weinberges in wenigen Jahren eine unabhängige Stellung sichern. Die meisten hier gepflanzten Reben geben schon im dritten Jahre eine recht gute, im vierten eine volle Ernte. Da der Sommer hier lang und der Herbst gewöhnlich trocken ist, so tritt sehr selten die Traubenfäule ein, und eine gänzliche Wein - Mißernte ist bis hierher noch nicht vorgekommen.