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Vom Auslande.
Wie aus Petersburg gemeldet wird, begegnen die aus Finnland kommenden Schiffe im Bottnischen Busen und im nördlichen Teil der Ostsee schwimmendem Eis. So wurde der norwegische Handelsdampfer
„Altais“ durch eine Eisscholle beschädigt, so dass er in den russischen Hafen zurückkehrte, aus dem er ausgelaufen war. Auch auf dem Ladogasee erschweren Eismassen den Verkehr.
Die Hundertjahrfeier der Universität Berlin soll nach einem Beschlusse des akademischen Senats im Oktober 1910 begangen werden. Die speziellen Tage der Feier werden seinerzeit vom Kaiser bestimmt werden. Mit der Ausarbeitung einer Geschichte der Universität ist der Historiker Professor Dr. Lenz, der derzeitige Dekan der philosophischen Fakultät, betraut. Bis zum Jahre 1910 wird auch wohl das neue Ergänzungsgebäude der Universität fertig dastehen, so dass es der Alma Mater als Jubiläumsausgabe dargebracht werden kann.
Die russische Zensur hat dieser Tage den Almanach Hachette, ein ebenso nützliches wie weitverbreitetes Buch, freigegeben, d.h. das Verbot des Verkaufes für Russland aufgehoben.
Doch ist eine Bedingung dabei: die Seite 247 muss weggelassen werden. Dort figurieren sämmtliche Souveräne aller Staaten mit genauer Angabe der Höhe ihrer Zivillisten. Die höchste ist die des Kaisers von Russland, bei welcher auf jede Minute die Summe von 405 Francs kommt, also in der Stunde eine Einnahme von 24.300 Francs.- Gibt ein nettes Jahreseinkommen!
Das Hauptorgan der Rumänen in Ungarn und Siebenbürgen, das in Hermannstadt seit dem Jahre 1884 erschienene Journal „Tribuna“, hat sein Erscheinen eingestellt und in seinem „letzten Worte“ erhebt es gegen die ungarische Regierung den Vorwurf, dass sie es mit Absicht zu Tode gemartert habe. Das Blatt erzählt, wie der „Zeitungsverlag“ berichtet, die traurige Geschichte seines Marthyriums und sagt: „Kein Jahr verging, ohne dass wir mehrere Preßprocesse durchzukämpfen hatten. Mehrere Kautionen wurden uns unter dem Titel von Geldstrafen weggenommen. Alle unsere Redakteure sitzen teils schon im Kerker, teils müssen sie demnächst in den Kerker spazieren. Einer unserer Redakteure ist sogar im Kerker gestorben. In dem letzten Preßprocesse wurde unser Redakteur zu 1 ½ Jahren Kerkers und 11.000 Kronen Geldstrafe verurtheilt. Weiter können wir nicht: wir sind materiell zu Grunde gerichtet und sehen uns genöthigt, mit dem heutigen Tage das Blatt einzustellen.“
Weibliche Stenographen hatten in England lange gegen ein tiefwurzelndes Vorurtheil zu kämpfen: Man glaubte, gewöhnlichen Anforderungen wären sie am Ende gewachsen, wenn es sich indessen um angestrengte Arbeit und große Schnelligkeit handle, würden sie gegen die männlichen Stenographen versagen. Neuerdings scheint es jedoch, dass diese Ansicht zum alten Eisen geworfen werde. In den letzten Tagen hatte die Phonetic Shorthand Society zu London eine Preisbewerbung veranstaltet,
die eher dahin deutet, als ob das weibliche Geschlecht berufen sei, die Siegespalme in der Stenographie zu erlangen. Es traten bei dieser neuesten Gelegenheit 33 Personen, 21 Stenographen männlichen und 12 weiblichen Geschlechtes, den Wettkampf unter ungewöhnlich schwierigen Verhältnissen an. Sie nahmen ein Diktat über einen fremdartigen Gegenstand in dem Tempo von 150 Worten die Minute auf. Das Ergebnis erweist, dass die besten Niederschriften von weiblichen Stenographen geliefert wurden. Ihnen fielen die goldene und silberne Medaille zu. Das heruntergekommene Männervolk musste sich mit einer bronzenen Medaille und vielen Enttäuschungen bescheiden.
Vor einigen Tagen wurde in Görwihl in Baden ein genossenschaftliches Unternehmen beschlossen, das wohl in seiner Art und Ausdehnung einzig in Deutschland dasteht. Die Webestühle für über 500 Hausweber (Seidenbandweber) des Stotzenwaldes und Görwihler Berges, die in 28 Ortschaften wohnen, sollen mit elektrischem Antrieb versehen werden. Das Stromleitungsnetz nebst Zubehör wird etwa 340.000 Mark erfordern, welche die „Kraftabsatzgenossenschaft Elektra Säckingen-Waldshut“ aufbringt, soweit sie nicht durch den von der Regierung bewilligten Staatsbeitrag von 40.000 Mark und durch die freiwilligen Beiträge der betheiligten Fabrikfirmen Deckung finden. Die Vortheile des Unternehmens bestehen darin: Die Seidenbandweberei als Hausindustrie wird erhalten und damit der Waldbevölkerung ein jährliches Einkommen von etwa 300.000 Mark gesichert; durch Wegfall der Handarbeit wird die Gesundheit der Weber geschont und eine Arbeitstheilung zwischen mehreren, auch mittelkräftigen Familienangehörigen ermöglicht, auch werden die Arbeitskräfte nach wie vor den landwirthschaftlichen Betrieben erhalten, Angesichts dieser Vorteile traten sofort 400 Weber der neuen Genossenschaft bei.
Kürzlich kamen zu einem Goldschmied in Plau in Mecklenburg mehrere Schnitter und boten eine goldene Münze zum Kauf an. Der Goldschmied gab umstandslos 20 Mk.[Mark]. Die Schnitter boten daraufhin noch 150 bis 200 Stücke an; nun kam dem Goldschmied die Sache verdächtig vor, und er erstattete Anzeige. Die sofort eingeleitete Untersuchung ergab, dass die Schnitter die Münzen beim Torfstechen auf dem Gute Suckow gefunden hatten. Die Münzen stammen der Prägung nach aus dem 16. Jahrhundert.
Unliebsames Aufsehen erregt in London eine Beleidigung, die dem Sultan von Johore, einem der angesehensten indischen Fürsten, zugefügt wurde, als er in Fremantle in Westaustralien eintraf. Der Zollbeamte, der an Bord kam, entschied, der Sultan sei als Asiate „ein verbotener Einwanderer“ und dürfe daher nicht landen. Der Sultan wusste sich zu helfen und erklärte, „er werde künftig in diesem elenden Lande kein einziges Pferd mehr kaufen.“ Der Sultan ist ein großer Pferdezüchter; nach vier Stunden traf der Bescheid ein, „Seine Hoheit“ könne landen.
Der Dom zu Florenz hat nunmehr, genau 16 Jahre nach der Enthüllung der neuen prachtvollen dreigiebelingen Fassade, seine Vollendung erhalten durch Einweihung des bronzenen Hauptportals, eines Werkes von Passaglia, der auch die schon 1897 fertiggestellte Tür des linken
Seitenschiffes gefertigt hat, während die des rechten von G.Cassioli herrührt. Der Gedanke, der dem Bilderschmucke der drei vielgerühmten Bronzethüren zu Grunde liegt, rührt von dem greisen Augusto Conti her, der im Anschlusse an die symbolische Bedeutung des Grundplanes der Kirche-eines lateinischen Kreuzes als Illustration der Erlösung und der von der Kuppel überragten drei Tribünen als Illustration der Dreieinigkeit in der dreitheiligen Fassade- die Ideen des Wahren, Guten und Schönen als Grundlage der religiösen Erhebung und Heiligung dargestellt wissen wollte. Es sind deshalb die drei Teile der Fassade mit den gestalten der Gelehrten, der Heiligen und der Künstler geschmückt, die drei Türen aber der Geschichte der Jungfrau als der janua coeli gewidmet worden.
In der Nähe von Bregenz sind kürzlich in einer schwer zugänglichen Felsschlucht die zerschmetterten Leichen des Studenten Hans Pagel und seiner Geliebten Hermine Scheler aus München aufgefunden worden, die man seit längerer Zeit vermisst und erfolglos gesucht hatte. Eine Aufklärung wird diese Tragödie wohl schwerlich finden. Möglich ist, dass Pagel seine Geliebte getödtet, die Leiche in den Abgrund geschleudert und sich nach einiger Zeit an derselben Stelle selbst hinabgestürzt hat. Die Absicht, die Scheler zu ermorden, lag bei Pagel jedenfalls vor. In einem Brief an einen Straßburger Freund schilderte er von Bregenz aus vor einiger Zeit sogar schon die vollzogene That mit folgenden Worten: „Nun so geschah dann das Unglaubliche. Ich setzte ihr das kalte Mordinstrument an die Stirn und jagte ihr eine Kugel in den Schädel. Jetzt sollte ich daran, aber als ich ihr blutüberströmtes Gesicht im Schoße hielt, ihr die Augen zudrückte und ihren letzten dankbaren Blick sah, da ging es nicht... Als es ganz dunkel geworden war, ging ich in´s Hotel, bin jedoch noch nicht zu einem Entschlusse gekommen. Ich besitze noch nicht die nöthige Kraft dazu. Ob es diese Nacht auf irgend eine Weise werden wird, oder ob ich mich morgen dem Gerichte stellen werde- ich weiß es nicht.“
Der dänische Dampfer „Ceres“, der unlängst vier Mann des deutschen, an der isländischen Küste gestrandeten Dampftrawlers „Friedrich Albert“ nach Leith gebracht, ist in Kopenhagen eingetroffen. Der erste Steuermann des Schiffes, Strufre, hat über die von den Seeleuten ausgestandenen Leiden Folgendes berichtet: „Friedrich Albert“ sank Anfangs Januar an einer unbewohnten Küste Islands. Als die Seeleute an´s Land kamen und keine Häuser sahen, waren sie genöthigt, 48 Stunden unter dem Wrack eines Bootes zu verbringen. Der Kapitän, der Steuermann und zwei Matrosen versuchten dann, den Weg nach einer menschlichen Wohnung zu finden. Als aber der Kapitän über einen Fluss schwimmen wollte, ertrank er, und der Steuermann starb infolge der Kälte. Den beiden Matrosen gelang es, das Boot wieder zu erreichen, in welchem die sieben anderen Mann der Besatzung sich befanden. Nach einer Wanderung, die elf Tage dauerte und während welcher die Unglücklichen furchtbaren Qualen ausgesetzt waren, erreichten sie die Hauptstadt Reykjavik. Vier der armen Leute waren aber in einem so furchtbaren Zustande, dass ihnen die Beine wegen eingetretenen kalten Brandes amputiert werden mussten. Die Armen hatten während der ganzen Wanderung durch Hunger schrecklich gelitten und nichts Anderes als Gras und Kräuter zu essen gehabt. Einer von ihnen
war wahnsinnig geworden und musste in Reykjavik im Hospital bleiben, die übrigen wurden nach Deutschland geschickt und die letzten nach sorgfältiger Pflege mit der „Ceres“ nach Leith gebracht.
Die medizinische Gesellschaft in Tokio brachte kürzlich in der Deutschen medizinischen Wochenschrift zum ersten Male in deutscher Sprache einen Bericht über ihre Verhandlungen in den Sitzungen vom Oktober 1902 bis zum März 1903. Die Verhandlungen legen, so schreibt jenes Blatt, ein beredtes Zeugnis ab für den regen wissenschaftlichen Geist, der in den Kreisen der japanischen Ärzte herrscht, und sie geben überdies ein erfreuliches Zeichen für die vorzügliche Beherrschung der deutschen Sprache, die sich dieselben erworben haben.
An der amerikanischen Versicherungs-Gesellschaft Mutual, welche auch in Österreich Geschäfte betreibt, wurde ein raffinierter Betrug verübt. Der in Triest ansässige Kaufmann Alois Grebenz, sowie der beim Mutual bedienstete Victor von Zeritsch machten an Lungenschwindsucht leidende Personen ausfindig und erlangten durch falsche Angaben oder Unterschiebung von anderen Personen Gesundheitserzeugnisse der versicherten Kranken auf hohe Summen. Im Ganzen wurden solche Policen auf 345,000 Kronen ausgestellt. Durch den raschen Tod eines gewissen Petschek, welcher wenige Wochen nach dem Abschluss der Versicherung an Lungenschwindsucht starb, schöpfte die Gesellschaft Verdacht und stellte den Thatbestand des Betruges fest, worauf die oben genannten Personen verhaftet wurden.
Ein Attentat auf einen Hauptmann ist in der Provinz Posen von einem Soldaten verübt worden. Auf dem Truppenübungsplatz Biedrusko (Weißenburg), wo große Truppenübungen stattfanden, waren u.a. das 37. Infanterie-Regiment aus Krotoschin und das Feldartillerie-Regiment No. 56 aus Lissa untergebracht. Nachts fuhren mehrere Offiziere in Zivil, die bei einem Schützenfeste in einer der umliegenden Ortschaften gewesen waren, auf einem Krümperwagen bis Chaussee Prämnitz-Goslin entlang, um nach Biedrusko zurückzukehren. Unterwegs wurde der Wagen von Soldaten angehalten; diese verlangten, mitgenommen zu werden. Als ihnen dies abgeschlagen wurde, zog einer der Leute blank und der Hauptmann Maschke vom 37. Infanterie-Regiment aus Krotoschin, der auf dem Rücksitz saß, erhielt einen Hieb über den Kopf. Der Offizier trug eine stark blutende Stirnwunde davon und musste nach dem Garnison- Lazaretth übergeführt werden. Man vermuthet, dass der Attentäter ein Soldat des Feld-Artillerie-Regiments No. 56 ist.
Im Londoner Hippodrom, in dem 33 Löwen vorgeführt werden, ereignete sich dieser Tage eine heitere Szene. Ein Herr Ahrensmeyer, berufsmäßiger Hypnotiseur, hatte sich erboten, den prächtigen Löwen
„Abdullah“ zu hypnotisieren. Ahrensmeyer betrat den Käfig in Begleitung des Löwenbändigers, und „Abdullah“, der Löwe, benahm sich zunächst ganz ruhig und artig und würde wahrscheinlich auch von dem Hypnotiseur keine Notiz genommen haben, hätte dieser ihm nicht fortgesetzt in die Augen gestarrt. Da riss dem Könige der Thiere schließlich der Geduldsfaden. „Abdullah“ richtete sich majestätisch auf, duckte sich und
würde Herrn Ahrensmeyer sicherlich seine Zudringlichkeiten heimgezahlt haben, hätte sich der Bändiger nicht ins Mittel gelegt. Er ließ seine Peitsche knallen und hielt den Löwen so lange in Schach, bis der Hypnotiseur glücklich draußen war. Aber auch dann sprang „Abdullah“ noch mehrere Male wüthend gegen das Gitter des Käfigs und verfolgte seinen mit so großen Vorsätzen gekommenen Gegner unausgesetzt mit den Augen, bis er entschwunden war. Ahrensmeyer behauptete später noch immer, keine Furcht vor Löwen zu haben und sie mit Hilfe seiner unwiderstehlichen Augen bändigen zu können.
In der ungarischen Gemeinde Bazos verschied kürzlich ein wohlhabender Landmann, namens Bellu. Wenige Tage nach seinem Tode schon nahm seine Wittwe, eine hübsche Frau von 35 Jahren, den 28 jährigen Bauernburschen Vikul, mit dem sie seit längerer Zeit ein intimes Verhältnis unterhalten hatte, in ihr Haus und lebte ungeniert mit ihm. Der 18-jährige Sohn der Wittwe, Joseph Bellu, machte der Mutter vergebens die heftigsten Vorwürfe, und statt sie von dem Liebhaber zu trennen, war er selbst gezwungen, das Haus zu verlassen. Neulich Morgens suchte nun Bellu den Geliebten seiner Mutter auf dem Felde auf, um ihn zu bewegen, von dem schändlichen Verhältnis abzustehen. Statt aller Antwort versetzte Vitul dem jungen Bellu mehrere Peitschenhiebe ins Gesicht. Darob gerieth der Geschlagene in solche Wuth, dass er mit dem Geliebten seiner Mutter auf der Stelle abzurechnen beschloss. Er ergriff eine Sense und bohrte sie dem Vikul in den Unterleib. Tödtlich getroffen stürzte Vikul zusammen. Aber noch war des jungen Bellu Rache nicht gestillt. Er hob nochmals die Sense und riss dem Sterbenden mit einem schnellen Schnitt den Kopf vom Rumpfe. Dann ging er vom Schauplatze des Mordes zur Gendarmerie, wo er unter genauer Schilderung des ganzen Herganges und der Motive des Mordes selbst seine Verhaftung begehrte.
Beim Brande des großen Versatzamtes zu Neapel kam der junge Marquis Karl Sarmiento auf tragische Weise ums Leben. Er hatte sich, nebst dem Fürsten Fondi und dem Baron Compagna, bereit erklärt, beim Transport einer schweren Löschmaschine behilflich zu sein. In der allgemeinen Verwirrung auf der Brandstätte stieß diese Maschine mit einem Rettungswagen zusammen und Marquis Sarmiento wurde auf der Stelle getödtet. Seine Begleiter trugen ihn ins nahe Spital.
Der Fürst von Bulgarien ist sehr abergläubisch. Gegen den Freitag und ganz besonders gegen die böse Zahl 13 hegt er entschiedene Abneigung. Deshalb soll Minister Popow kürzlich bei der Eröffnung des Hafens von Burgas und mit Bezugnahme auf die am 18. Mai a. St. 1890 erfolgte Einweihung der Eisenbahnstrecke Jamboli – Burgas seine Rede mit folgender ungewöhnlichen Wendung begonnen haben: „Vor zwölf Jahren und zwölf Monaten geruhten Eure königliche Hoheit“ etc.
Ein hartnäckiger Selbstmörder ist der Besitzer des Apollotheaters in Basel, Samuel Schweitzer, der kürzlich einen Selbstmordversuch machte, indem er sich aus dem Fenster des Hotels, in welchem er logierte, in den Rhein stürzte. Schiffer, die in der Nähe in ihren Booten beschäftigt waren,
retteten den Lebensmüden. Kaum war Schweitzer aber in einen Kahn gezogen, so schoss er sich eine Kugel vor den Kopf, sodass er auf der Stelle todt blieb. Finanzielle Gründe sollen Schweitzer zu der Verzweiflungsthat getrieben haben.
Die Grausamkeit der bulgarischen Banden in Mazedonien zeigte sich unlängst wiederum in einer Greuelthat, der ein mazedonischer Beamter zum Opfer gefallen ist. Nach einem Bericht des Generalinspektors von Mazedonien an das türkische Auswärtige Amt wurde der Verwalter des Pachthofes Tschitschova an der albanischen Grenze Namens Cherif von dem Bulgaren Tola und 32 seiner Helfershelfer in seiner Behausung überfallen und erwürgt. Die Leiche des Unglücklichen wurde in furchtbarer Weise verstümmelt. Ohren, Nase und Kinn schnitten die Unholde ab, dann stachen sie der Leiche die Augen aus und rissen Eingeweide und Lunge aus dem entseelten Körper.
Seit einiger Zeit gährt es unter der Fischfang treibenden Bevölkerung Finnmarkens, und jetzt ist aus der Bewegung im hohen Norden Norwegens offener Aufruhr geworden. Wie aus Kopenhagen berichtet wird, verlangen die Fischer, dass die Walfische geschützt werden und behaupten, dass die Walfischfänger das Fischergewerbe durch Tötung der Wale ruinierten. Mit Gewehren bewaffnet, haben die erregten Leute nun die Stationen der Walfischfänger angegriffen, Gebäude, Maschinen zerstört und Schaden im Betrage von etwa 100,000 Kronen verursacht. Die norwegische Regierung hat das Kriegsschiff „Heimdal“ nach Finnmarken abgesandt, um Ruhe zu stiften.
Der folgende traurige Fall wird aus Berlin berichtet: Im Seitenflügel eines Hauses an der Rostocker Straße wohnte seit einem Jahre ein Arbeiter mit seiner Frau und vier Kindern im Alter von 2 bis 12 Jahren. Kürzlich wurde dem Ehepaar noch ein Mädchen geboren. Obwohl der Mann Arbeit hatte, so blieb er für vier Monate die Miethe schuldig. Der Hauswirth hatte daher auf Räumung geklagt, die der Gerichtsvollzieher vollstrecken sollte, wegen des Zustandes der Frau jedoch auf zwei Wochen verschob. Kurz vor Ablauf dieser Frist erkrankte das jüngste Kind und starb, nachdem ein Prediger die Nothtaufe vollzogen hatte. Während nun der Hauswirth auf einem Neubau beschäftigt war, holte der Miether einen Wagen und rückte mit der Einrichtung. Bei der Besichtigung der Wohnung entdeckte dann der Wirth, dass die Leute die kleine Leiche in dem Kinderbett hatten liegen lassen, ohne sich um ihr Schicksal zu kümmern. Die Revierpolizei beschlagnahmte die Leiche und ließ sie nach dem Schauhause bringen.
Ein unter dem Schriftstellernamen Leo Dex in Luftschifferkreisen gut bekannter französischer Offizier hat sich schon seit Jahren mit dem Problem beschäftigt, die Wüste Sahara in einem Ballon zu überfliegen, und sich im letzten Winter nach Sabes an der Nordküste Afrikas begeben. Dort wollte er einen sogenannten Pilotballon, d. h. einen unbemannten Versuchsballon, auflassen. Er hoffte, dass dieser durch lokale Windströmungen in die Region der Passatwinde gelangen und nach Timbuktu kommen würde. Dieses Resultat wurde allerdings nicht erreicht,
obwohl der Ballon eine Reise von mehreren hundert englischen Meilen machte; er landete schließlich im südlichen Algier. Nach der eingeschlagenen Richtung zu urtheilen, scheint der Wind, der in Sabes im Winter für lange Zeit sehr beständig weht, weiterhin über dem Sandmeer des großen Erg eine mehr östliche Richtung anzunehmen und dann nach Norden zu drehen nach dem Wed Jedi (34 Grad n. B.), wo der Ballon durch Araber an den Halteseilen herabgezogen wurde.
Ein heiteres Erlebnis des Königs von Dänemark in Wiesbaden wird von dort mitgetheilt. Als der König erfuhr, dass die kaiserlichen Prinzen ihm während seiner Abwesenheit einen Besuch hatten abstatten wollen, begab er sich sofort allein zu Fuß zum Schloss, um die Aufmerksamkeit zu erwidern. Dort aber wollten die Wachen ihn nicht einlassen, da „das Hauptportal kein Eingang für Zivilisten ist.“ Der König ging nun ruhig zum Nebenportal, wo er erkannt und die Sache aufgeklärt wurde. König Christian aber war keineswegs beleidigt, sondern soll über den Vorfall herzlich gelacht haben.
Der mehrfach zum Tode verurtheilte Lustmörder Tetznow hat sich in der Universitätsklinik zu Greifswald einer schweren Operation unterziehen müssen. In seinem Kopfe hatte sich ein Absceß (Abszess) gebildet, der durch einen Eingriff in die Schädelhöhle entfernt werden musste. Die Operation verlief günstig. Der Tischlergeselle Ludwig Tetznow ist wegen eines Doppelknabenmordes in Babe auf Rügen und wegen eines Doppelmädchemordes in der Nähe von Osnabrück vom Schwurgericht in Greifswald viermal zum Tode verurtheilt worden. Das von ihm beantragte Wiederaufnahmeverfahren ist z.Zt. von sämmtlichen in Betracht kommenden Instanzen zurückgewiesen worden.
Der mit der Statue einer Wäscherin geschmückte Brunnen auf dem Märkischen Platze in Berlin muss infolge Höherlegung dieses Platzes ebenfalls um einen Fuß gehoben werden. Das von Professor Ludwig Brunow geschaffene und im Jahre 1897 aufgestellte Kunstwerk hat von dem Berliner Volkwitz mit Rücksicht auf seine große Zierlichkeit und die den Platz umsäumenden Kolossalbauten die Bezeichung: „Das Mädel ohne Verhältniss“ erhalten und ist schon einmal, als beim Bau dem Kaufhauses
„Neu-Cölln“ eine Erweiterung des Märkischen Platzes stattfand, versetzt worden. Der Brunnen soll daran erinnern, dass einst die alten Berlinerinnen in der Spree, nahe der Waisenbrücke, ihre Wäsche spülten und sie an dem damals noch grünen Strande trockneten.
Eins der größten künstlichen Stauwerke der Welt wird die im Bau begriffene Thalsperre im Ennepethale in Westfalen werden; sie wird über 12 Millionen Kubikmeter Wasser fassen. Durch die Sperrmauer, für welche 100,000 Kubikmeter Mauermaterial erforderlich ist, werden zwei Thäler abgesperrt. Die gewaltige Mauer erhält eine Länge von 270 Meter und eine Höhe von 41 Meter, an der Basis wird sie 52 Meter und an der Krone 5 Meter breit. Der Stausee wird eine Ausdehnung von 10 Kilometer erhalten. Aus der Thalsperre werden nach ihrer Fertigstellung, die für Oktober nächsten Jahres vorgesehen ist, eine ganze Reihe von Städten das Trinkwasser erhalten, außerdem wird das Wasser auch zum Teil als
Betriebskraft verwandt werden. Zur Zeit sind an dem Bau über 1000 Arbeiter beschäftigt.
Eine Rettungsthat vollführte ein Oberleutnant der Garde gelegentlich eines Ausflugs nach Hamburg. Dort hatte sich ein zwanzigjähriges Dienstmädchen von der Lomdardsbrücke aus in selbstmörderischer Absicht in die Alster gestürzt. Vor Ausführung der That hatte die Lebensmüde an ihrem Hut, den sie in den Anlagen am Ufer zurückließ, einen Zettel befestigt, der die Mittheilung enthielt, dass sie sich das Leben nehmen müsse, weil sie von ihrem Bräutigam verlassen worden sei. Diesen Hut fanden einige Personen, die soeben den Alsterdampfer verlassen hatten. Als man nun das Wasser genau beobachtete, sah man das Mädchen mit den Wellen kämpfen. Sofort entledigte sich ein des Weges kommender Oberleutnant der Garde seines Waffenrockes, sprang ins Wasser und rettete das dem Ertrinken nahe Mädchen. Hierauf entfernte sich der Offizier schleunigst, sodass es nicht gelang, seinen Namen festzustellen.
Ein Theater im Grünen, eine genaue Rekonstruktion des „Théatre de Verdure, wie es zur Zeit Ludwigs XIV. im Park von Versailles und Trianon bestand, soll in Paris errichtet werden. Allerdings gab es in der franzöischen Hauptstadt vor gar nicht langer Zeit in einem versteckten Winkel des Bois de Boulogne ein solches Naturtheater, doch stellten sich dem Unternehmen bald so große Schwierigkeiten entgegen, dass das Institut wieder schließen musste. Nunmehr hat es Charles Bordes, der Direktor der Pariser Sängerschule, der „Schola Cantorum“, wie ihr offizieller Titel lautet, unternommen, im Wege der Subscription das Theater im Grünen wieder aufleben zu lassen. Sein Plan hat in den künstlerischen und gesellschaftlichen Kreisen von Paris begeisterte Aufnahme gefunden. Das Theater wird aus grünenden Baumästen und blühenden Zweigen im zierlichen Rokokostile im Garten des früheren Gebäudes der „Schola Cantorum“ errichtet werden, und namhafte Kräfte der Großen Oper, der Opéra Comique, des Theaters de la Monnaie und anderer künstlerisch bedeutender Pariser Theater werden sich auf dieser improvisierten Bühne in den Dienst der guten Sache stellen.
Dem Schweizer Bauernführer Nikolaus Leuenberger von Rüderswil im Emmenthal soll jetzt in seinem Heimathsort ein Denkmal gesetzt werden. Als im 17. Jahrhundert unter den Bauern in den Kantonen Bern, Luzern, Solothurn eine Bewegung entstand und 1653 zu Gumiswald eine große Bauernversammlung stattfand, die dem Herrenbund einen Volksbund entgegenzusetzen dachte, war Leuenberger der Wortführer. Er gerieth später durch Verrath in Gefangenschaft, wurde unter grausamem Spott, mit einem Strohkranz auf dem Kopfe und einem hölzernen Degen an der Seite nach Bern geführt, gefoltert, enthauptet und geviertheilt.
Der Bedarf an Kornblumen (bekanntlich die Lieblingsblume Kaiser Wilhelm’s I.) für die Berliner ist gegenwärtig ungemein groß. In großen Quantitäten kommen die Blüthen nach Berlin, wo sie willige Abnehmer finden. In der näheren Umgebung ist deshalb auf den Feldern kaum eine
Kornblume zu finden. Die Landbevölkerung hat bald herausgefunden, dass mit dem Sammeln ein Geschäft zu machen ist, und so dauerte es nicht lange, bis die hübschen blauen Blumen aus den wogenden Feldern verschwunden waren. Das Abpflücken hat aber auch manchen Schaden für die Grundbesitzer zur Folge, da bei dem Suchen die Felder zertreten werden. Die Polizeiverwaltungen verschiedener Orte der Umgebung Berlins haben sich genöthigt gesehen, durch Polizeiverordnung das Einsammeln der Kornblumen auf den Feldern zu verbieten.
In einer der größeren Banken Amsterdams wurde dieser Tage ein ungemein frecher Diebstahl verübt. Der Kassenbote einer anderen Bank, der einen Sack mit Effekten im Werthe von 40,000 Gulden einen Augenblick an der Kasse neben sich niederlegte, um Wechsel einzukassieren, fand an dessen Stelle einen anderen ähnlichen Sack, der nur Zeitungen enthielt. Die Bank hatte dem Kassenboten noch einen ihrer Angestellten der größeren Sicherheit wegen mitgegeben, aber dieser war in dem Augenblicke, wo der Diebstahl ausgeführt wurde, gerade an einem anderen Schalter beschäftigt, wo er ebenfalls einen Auftrag auszuführen hatte. Bis jetzt fehlt von dem Diebe oder den Dieben jede Spur. Da die gestohlenen Stücke durchweg amerikanische Zertifikate sind, wird es Mühe kosten, sie zu versilbern. Bekanntlich besteht aber in London ein größeres Bankinstitut, das nur gestohlene Effekten kauft, diese 3,4 auch 5 Jahre ruhig liegen lässt und sie dann, wenn der Diebstahl einigermaßen vergessen oder durch andere in den Hintergrund gedrängt ist, verkauft. Wenn die Zertifikate dahin ihren Weg gefunden haben sollten, dann ist jede Aussicht auf Ergreifung der Thäter hoffnungslos.
Die Franzosen haben seit Kurzem einen poeta laureatus, der Ausschuss des Schriftstellerverbandes hat den Sully Prudhomme Preis für 1903 im Betrage von 1500 Franc dem jungen Dichter Charles Dumas zuerkannt. Sully Prudhomme, der mehr gelobte als gelesene französische Lyriker, erhielt vor zwei Jahren den Dichterpreis der Nobelstiftung und setzte darauf selbst einen Dichterpreis fest, für welchen er einen Teil der Zinsen des ihm unerwartet in den Schooß gefallenen Nobelpreises zu verwenden beschloss; in jedem Jahre sollte ein junger französischer Lyriker, der sich durch formvollendete Dichtungen auszeichnete, mit dem Preise bedacht werden. Im vorigen Jahre fiel der Prudhomme-Preis einem Mitgliede der Gaulois-Redaktion, einem Herrn namens Michelet zu. Dieses Jahr bekam ihn wieder ein Gaulois-Redakteur, der erwähnte Herr Dumas. Man sieht, die Herren Preisrichter geben etwas auf Namen, und der Gil Blas meint, dass im nächsten Jahre wahrscheinlich ein Herr Augier gekrönt werden würde. Herr Charles Dumas, der neue „poeta laureatus“, ist erst 22 Jahre alt.
Über einen zehnjährigen Mörder wird aus England berichtet. Unlängst verschwand in Stockton-on-Tees ein 15 Monate altes Kind, das mit seinem 3jährigen Brüderchen auf der Straße gespielt hatte. Die Leiche dieses Kindes fand man bald darauf in einem Sandhaufen, schenkte aber der Aussage des kleinen Brüderchens, dass ein Junge, den der Kleine ausdrücklich bezeichnete, das Kind weggeschleppt habe, keinen Glauben. Wenige Tage darauf kam nun ein anderes Kind zu seiner Mutter gelaufen
und erzählte dieser, ein Knabe habe soeben sein Schwesterchen an die Hand genommen und weggeführt. Die Mutter eilte den Kindern sofort nach, holte sie ein und übergab den Entführer, einen 10 jährigen, erbärmlich aussehenden Streichholzverkäufer, der Polizei, die in ihm den Jungen erkannte, der nach Aussage des kleinen Knaben das ermordete Kind weggeführt haben sollte. Vor Gericht beschrieb der Verhaftete nun ganz genau, wo und in welcher Weise er das Kind lebendig in dem Sandhaufen verscharrt hatte, und fügte hinzu, dass er die Absicht gehabt habe, das andere Kind zu ertränken. Dem Jungen scheint jeder Begriff für das, was er gethan hat, zu fehlen. Er ist vollständig verwahrlost und auf der Straße aufgewachsen.
Wie aus Petersburg gemeldet wird, begegnen die aus Finnland kommenden Schiffe im Bottnischen Busen und im nördlichen Teil der Ostsee schwimmendem Eis. So wurde der norwegische Handelsdampfer
„Altais“ durch eine Eisscholle beschädigt, so dass er in den russischen Hafen zurückkehrte, aus dem er ausgelaufen war. Auch auf dem Ladogasee erschweren Eismassen den Verkehr.
Die Hundertjahrfeier der Universität Berlin soll nach einem Beschlusse des akademischen Senats im Oktober 1910 begangen werden. Die speziellen Tage der Feier werden seinerzeit vom Kaiser bestimmt werden. Mit der Ausarbeitung einer Geschichte der Universität ist der Historiker Professor Dr. Lenz, der derzeitige Dekan der philosophischen Fakultät, betraut. Bis zum Jahre 1910 wird auch wohl das neue Ergänzungsgebäude der Universität fertig dastehen, so dass es der Alma Mater als Jubiläumsausgabe dargebracht werden kann.
Die russische Zensur hat dieser Tage den Almanach Hachette, ein ebenso nützliches wie weitverbreitetes Buch, freigegeben, d.h. das Verbot des Verkaufes für Russland aufgehoben.
Doch ist eine Bedingung dabei: die Seite 247 muss weggelassen werden. Dort figurieren sämmtliche Souveräne aller Staaten mit genauer Angabe der Höhe ihrer Zivillisten. Die höchste ist die des Kaisers von Russland, bei welcher auf jede Minute die Summe von 405 Francs kommt, also in der Stunde eine Einnahme von 24.300 Francs.- Gibt ein nettes Jahreseinkommen!
Das Hauptorgan der Rumänen in Ungarn und Siebenbürgen, das in Hermannstadt seit dem Jahre 1884 erschienene Journal „Tribuna“, hat sein Erscheinen eingestellt und in seinem „letzten Worte“ erhebt es gegen die ungarische Regierung den Vorwurf, dass sie es mit Absicht zu Tode gemartert habe. Das Blatt erzählt, wie der „Zeitungsverlag“ berichtet, die traurige Geschichte seines Marthyriums und sagt: „Kein Jahr verging, ohne dass wir mehrere Preßprocesse durchzukämpfen hatten. Mehrere Kautionen wurden uns unter dem Titel von Geldstrafen weggenommen. Alle unsere Redakteure sitzen teils schon im Kerker, teils müssen sie demnächst in den Kerker spazieren. Einer unserer Redakteure ist sogar im Kerker gestorben. In dem letzten Preßprocesse wurde unser Redakteur zu 1 ½ Jahren Kerkers und 11.000 Kronen Geldstrafe verurtheilt. Weiter können wir nicht: wir sind materiell zu Grunde gerichtet und sehen uns genöthigt, mit dem heutigen Tage das Blatt einzustellen.“
Weibliche Stenographen hatten in England lange gegen ein tiefwurzelndes Vorurtheil zu kämpfen: Man glaubte, gewöhnlichen Anforderungen wären sie am Ende gewachsen, wenn es sich indessen um angestrengte Arbeit und große Schnelligkeit handle, würden sie gegen die männlichen Stenographen versagen. Neuerdings scheint es jedoch, dass diese Ansicht zum alten Eisen geworfen werde. In den letzten Tagen hatte die Phonetic Shorthand Society zu London eine Preisbewerbung veranstaltet,
die eher dahin deutet, als ob das weibliche Geschlecht berufen sei, die Siegespalme in der Stenographie zu erlangen. Es traten bei dieser neuesten Gelegenheit 33 Personen, 21 Stenographen männlichen und 12 weiblichen Geschlechtes, den Wettkampf unter ungewöhnlich schwierigen Verhältnissen an. Sie nahmen ein Diktat über einen fremdartigen Gegenstand in dem Tempo von 150 Worten die Minute auf. Das Ergebnis erweist, dass die besten Niederschriften von weiblichen Stenographen geliefert wurden. Ihnen fielen die goldene und silberne Medaille zu. Das heruntergekommene Männervolk musste sich mit einer bronzenen Medaille und vielen Enttäuschungen bescheiden.
Vor einigen Tagen wurde in Görwihl in Baden ein genossenschaftliches Unternehmen beschlossen, das wohl in seiner Art und Ausdehnung einzig in Deutschland dasteht. Die Webestühle für über 500 Hausweber (Seidenbandweber) des Stotzenwaldes und Görwihler Berges, die in 28 Ortschaften wohnen, sollen mit elektrischem Antrieb versehen werden. Das Stromleitungsnetz nebst Zubehör wird etwa 340.000 Mark erfordern, welche die „Kraftabsatzgenossenschaft Elektra Säckingen-Waldshut“ aufbringt, soweit sie nicht durch den von der Regierung bewilligten Staatsbeitrag von 40.000 Mark und durch die freiwilligen Beiträge der betheiligten Fabrikfirmen Deckung finden. Die Vortheile des Unternehmens bestehen darin: Die Seidenbandweberei als Hausindustrie wird erhalten und damit der Waldbevölkerung ein jährliches Einkommen von etwa 300.000 Mark gesichert; durch Wegfall der Handarbeit wird die Gesundheit der Weber geschont und eine Arbeitstheilung zwischen mehreren, auch mittelkräftigen Familienangehörigen ermöglicht, auch werden die Arbeitskräfte nach wie vor den landwirthschaftlichen Betrieben erhalten, Angesichts dieser Vorteile traten sofort 400 Weber der neuen Genossenschaft bei.
Kürzlich kamen zu einem Goldschmied in Plau in Mecklenburg mehrere Schnitter und boten eine goldene Münze zum Kauf an. Der Goldschmied gab umstandslos 20 Mk.[Mark]. Die Schnitter boten daraufhin noch 150 bis 200 Stücke an; nun kam dem Goldschmied die Sache verdächtig vor, und er erstattete Anzeige. Die sofort eingeleitete Untersuchung ergab, dass die Schnitter die Münzen beim Torfstechen auf dem Gute Suckow gefunden hatten. Die Münzen stammen der Prägung nach aus dem 16. Jahrhundert.
Unliebsames Aufsehen erregt in London eine Beleidigung, die dem Sultan von Johore, einem der angesehensten indischen Fürsten, zugefügt wurde, als er in Fremantle in Westaustralien eintraf. Der Zollbeamte, der an Bord kam, entschied, der Sultan sei als Asiate „ein verbotener Einwanderer“ und dürfe daher nicht landen. Der Sultan wusste sich zu helfen und erklärte, „er werde künftig in diesem elenden Lande kein einziges Pferd mehr kaufen.“ Der Sultan ist ein großer Pferdezüchter; nach vier Stunden traf der Bescheid ein, „Seine Hoheit“ könne landen.
Der Dom zu Florenz hat nunmehr, genau 16 Jahre nach der Enthüllung der neuen prachtvollen dreigiebelingen Fassade, seine Vollendung erhalten durch Einweihung des bronzenen Hauptportals, eines Werkes von Passaglia, der auch die schon 1897 fertiggestellte Tür des linken
Seitenschiffes gefertigt hat, während die des rechten von G.Cassioli herrührt. Der Gedanke, der dem Bilderschmucke der drei vielgerühmten Bronzethüren zu Grunde liegt, rührt von dem greisen Augusto Conti her, der im Anschlusse an die symbolische Bedeutung des Grundplanes der Kirche-eines lateinischen Kreuzes als Illustration der Erlösung und der von der Kuppel überragten drei Tribünen als Illustration der Dreieinigkeit in der dreitheiligen Fassade- die Ideen des Wahren, Guten und Schönen als Grundlage der religiösen Erhebung und Heiligung dargestellt wissen wollte. Es sind deshalb die drei Teile der Fassade mit den gestalten der Gelehrten, der Heiligen und der Künstler geschmückt, die drei Türen aber der Geschichte der Jungfrau als der janua coeli gewidmet worden.
In der Nähe von Bregenz sind kürzlich in einer schwer zugänglichen Felsschlucht die zerschmetterten Leichen des Studenten Hans Pagel und seiner Geliebten Hermine Scheler aus München aufgefunden worden, die man seit längerer Zeit vermisst und erfolglos gesucht hatte. Eine Aufklärung wird diese Tragödie wohl schwerlich finden. Möglich ist, dass Pagel seine Geliebte getödtet, die Leiche in den Abgrund geschleudert und sich nach einiger Zeit an derselben Stelle selbst hinabgestürzt hat. Die Absicht, die Scheler zu ermorden, lag bei Pagel jedenfalls vor. In einem Brief an einen Straßburger Freund schilderte er von Bregenz aus vor einiger Zeit sogar schon die vollzogene That mit folgenden Worten: „Nun so geschah dann das Unglaubliche. Ich setzte ihr das kalte Mordinstrument an die Stirn und jagte ihr eine Kugel in den Schädel. Jetzt sollte ich daran, aber als ich ihr blutüberströmtes Gesicht im Schoße hielt, ihr die Augen zudrückte und ihren letzten dankbaren Blick sah, da ging es nicht... Als es ganz dunkel geworden war, ging ich in´s Hotel, bin jedoch noch nicht zu einem Entschlusse gekommen. Ich besitze noch nicht die nöthige Kraft dazu. Ob es diese Nacht auf irgend eine Weise werden wird, oder ob ich mich morgen dem Gerichte stellen werde- ich weiß es nicht.“
Der dänische Dampfer „Ceres“, der unlängst vier Mann des deutschen, an der isländischen Küste gestrandeten Dampftrawlers „Friedrich Albert“ nach Leith gebracht, ist in Kopenhagen eingetroffen. Der erste Steuermann des Schiffes, Strufre, hat über die von den Seeleuten ausgestandenen Leiden Folgendes berichtet: „Friedrich Albert“ sank Anfangs Januar an einer unbewohnten Küste Islands. Als die Seeleute an´s Land kamen und keine Häuser sahen, waren sie genöthigt, 48 Stunden unter dem Wrack eines Bootes zu verbringen. Der Kapitän, der Steuermann und zwei Matrosen versuchten dann, den Weg nach einer menschlichen Wohnung zu finden. Als aber der Kapitän über einen Fluss schwimmen wollte, ertrank er, und der Steuermann starb infolge der Kälte. Den beiden Matrosen gelang es, das Boot wieder zu erreichen, in welchem die sieben anderen Mann der Besatzung sich befanden. Nach einer Wanderung, die elf Tage dauerte und während welcher die Unglücklichen furchtbaren Qualen ausgesetzt waren, erreichten sie die Hauptstadt Reykjavik. Vier der armen Leute waren aber in einem so furchtbaren Zustande, dass ihnen die Beine wegen eingetretenen kalten Brandes amputiert werden mussten. Die Armen hatten während der ganzen Wanderung durch Hunger schrecklich gelitten und nichts Anderes als Gras und Kräuter zu essen gehabt. Einer von ihnen
war wahnsinnig geworden und musste in Reykjavik im Hospital bleiben, die übrigen wurden nach Deutschland geschickt und die letzten nach sorgfältiger Pflege mit der „Ceres“ nach Leith gebracht.
Die medizinische Gesellschaft in Tokio brachte kürzlich in der Deutschen medizinischen Wochenschrift zum ersten Male in deutscher Sprache einen Bericht über ihre Verhandlungen in den Sitzungen vom Oktober 1902 bis zum März 1903. Die Verhandlungen legen, so schreibt jenes Blatt, ein beredtes Zeugnis ab für den regen wissenschaftlichen Geist, der in den Kreisen der japanischen Ärzte herrscht, und sie geben überdies ein erfreuliches Zeichen für die vorzügliche Beherrschung der deutschen Sprache, die sich dieselben erworben haben.
An der amerikanischen Versicherungs-Gesellschaft Mutual, welche auch in Österreich Geschäfte betreibt, wurde ein raffinierter Betrug verübt. Der in Triest ansässige Kaufmann Alois Grebenz, sowie der beim Mutual bedienstete Victor von Zeritsch machten an Lungenschwindsucht leidende Personen ausfindig und erlangten durch falsche Angaben oder Unterschiebung von anderen Personen Gesundheitserzeugnisse der versicherten Kranken auf hohe Summen. Im Ganzen wurden solche Policen auf 345,000 Kronen ausgestellt. Durch den raschen Tod eines gewissen Petschek, welcher wenige Wochen nach dem Abschluss der Versicherung an Lungenschwindsucht starb, schöpfte die Gesellschaft Verdacht und stellte den Thatbestand des Betruges fest, worauf die oben genannten Personen verhaftet wurden.
Ein Attentat auf einen Hauptmann ist in der Provinz Posen von einem Soldaten verübt worden. Auf dem Truppenübungsplatz Biedrusko (Weißenburg), wo große Truppenübungen stattfanden, waren u.a. das 37. Infanterie-Regiment aus Krotoschin und das Feldartillerie-Regiment No. 56 aus Lissa untergebracht. Nachts fuhren mehrere Offiziere in Zivil, die bei einem Schützenfeste in einer der umliegenden Ortschaften gewesen waren, auf einem Krümperwagen bis Chaussee Prämnitz-Goslin entlang, um nach Biedrusko zurückzukehren. Unterwegs wurde der Wagen von Soldaten angehalten; diese verlangten, mitgenommen zu werden. Als ihnen dies abgeschlagen wurde, zog einer der Leute blank und der Hauptmann Maschke vom 37. Infanterie-Regiment aus Krotoschin, der auf dem Rücksitz saß, erhielt einen Hieb über den Kopf. Der Offizier trug eine stark blutende Stirnwunde davon und musste nach dem Garnison- Lazaretth übergeführt werden. Man vermuthet, dass der Attentäter ein Soldat des Feld-Artillerie-Regiments No. 56 ist.
Im Londoner Hippodrom, in dem 33 Löwen vorgeführt werden, ereignete sich dieser Tage eine heitere Szene. Ein Herr Ahrensmeyer, berufsmäßiger Hypnotiseur, hatte sich erboten, den prächtigen Löwen
„Abdullah“ zu hypnotisieren. Ahrensmeyer betrat den Käfig in Begleitung des Löwenbändigers, und „Abdullah“, der Löwe, benahm sich zunächst ganz ruhig und artig und würde wahrscheinlich auch von dem Hypnotiseur keine Notiz genommen haben, hätte dieser ihm nicht fortgesetzt in die Augen gestarrt. Da riss dem Könige der Thiere schließlich der Geduldsfaden. „Abdullah“ richtete sich majestätisch auf, duckte sich und
würde Herrn Ahrensmeyer sicherlich seine Zudringlichkeiten heimgezahlt haben, hätte sich der Bändiger nicht ins Mittel gelegt. Er ließ seine Peitsche knallen und hielt den Löwen so lange in Schach, bis der Hypnotiseur glücklich draußen war. Aber auch dann sprang „Abdullah“ noch mehrere Male wüthend gegen das Gitter des Käfigs und verfolgte seinen mit so großen Vorsätzen gekommenen Gegner unausgesetzt mit den Augen, bis er entschwunden war. Ahrensmeyer behauptete später noch immer, keine Furcht vor Löwen zu haben und sie mit Hilfe seiner unwiderstehlichen Augen bändigen zu können.
In der ungarischen Gemeinde Bazos verschied kürzlich ein wohlhabender Landmann, namens Bellu. Wenige Tage nach seinem Tode schon nahm seine Wittwe, eine hübsche Frau von 35 Jahren, den 28 jährigen Bauernburschen Vikul, mit dem sie seit längerer Zeit ein intimes Verhältnis unterhalten hatte, in ihr Haus und lebte ungeniert mit ihm. Der 18-jährige Sohn der Wittwe, Joseph Bellu, machte der Mutter vergebens die heftigsten Vorwürfe, und statt sie von dem Liebhaber zu trennen, war er selbst gezwungen, das Haus zu verlassen. Neulich Morgens suchte nun Bellu den Geliebten seiner Mutter auf dem Felde auf, um ihn zu bewegen, von dem schändlichen Verhältnis abzustehen. Statt aller Antwort versetzte Vitul dem jungen Bellu mehrere Peitschenhiebe ins Gesicht. Darob gerieth der Geschlagene in solche Wuth, dass er mit dem Geliebten seiner Mutter auf der Stelle abzurechnen beschloss. Er ergriff eine Sense und bohrte sie dem Vikul in den Unterleib. Tödtlich getroffen stürzte Vikul zusammen. Aber noch war des jungen Bellu Rache nicht gestillt. Er hob nochmals die Sense und riss dem Sterbenden mit einem schnellen Schnitt den Kopf vom Rumpfe. Dann ging er vom Schauplatze des Mordes zur Gendarmerie, wo er unter genauer Schilderung des ganzen Herganges und der Motive des Mordes selbst seine Verhaftung begehrte.
Beim Brande des großen Versatzamtes zu Neapel kam der junge Marquis Karl Sarmiento auf tragische Weise ums Leben. Er hatte sich, nebst dem Fürsten Fondi und dem Baron Compagna, bereit erklärt, beim Transport einer schweren Löschmaschine behilflich zu sein. In der allgemeinen Verwirrung auf der Brandstätte stieß diese Maschine mit einem Rettungswagen zusammen und Marquis Sarmiento wurde auf der Stelle getödtet. Seine Begleiter trugen ihn ins nahe Spital.
Der Fürst von Bulgarien ist sehr abergläubisch. Gegen den Freitag und ganz besonders gegen die böse Zahl 13 hegt er entschiedene Abneigung. Deshalb soll Minister Popow kürzlich bei der Eröffnung des Hafens von Burgas und mit Bezugnahme auf die am 18. Mai a. St. 1890 erfolgte Einweihung der Eisenbahnstrecke Jamboli – Burgas seine Rede mit folgender ungewöhnlichen Wendung begonnen haben: „Vor zwölf Jahren und zwölf Monaten geruhten Eure königliche Hoheit“ etc.
Ein hartnäckiger Selbstmörder ist der Besitzer des Apollotheaters in Basel, Samuel Schweitzer, der kürzlich einen Selbstmordversuch machte, indem er sich aus dem Fenster des Hotels, in welchem er logierte, in den Rhein stürzte. Schiffer, die in der Nähe in ihren Booten beschäftigt waren,
retteten den Lebensmüden. Kaum war Schweitzer aber in einen Kahn gezogen, so schoss er sich eine Kugel vor den Kopf, sodass er auf der Stelle todt blieb. Finanzielle Gründe sollen Schweitzer zu der Verzweiflungsthat getrieben haben.
Die Grausamkeit der bulgarischen Banden in Mazedonien zeigte sich unlängst wiederum in einer Greuelthat, der ein mazedonischer Beamter zum Opfer gefallen ist. Nach einem Bericht des Generalinspektors von Mazedonien an das türkische Auswärtige Amt wurde der Verwalter des Pachthofes Tschitschova an der albanischen Grenze Namens Cherif von dem Bulgaren Tola und 32 seiner Helfershelfer in seiner Behausung überfallen und erwürgt. Die Leiche des Unglücklichen wurde in furchtbarer Weise verstümmelt. Ohren, Nase und Kinn schnitten die Unholde ab, dann stachen sie der Leiche die Augen aus und rissen Eingeweide und Lunge aus dem entseelten Körper.
Seit einiger Zeit gährt es unter der Fischfang treibenden Bevölkerung Finnmarkens, und jetzt ist aus der Bewegung im hohen Norden Norwegens offener Aufruhr geworden. Wie aus Kopenhagen berichtet wird, verlangen die Fischer, dass die Walfische geschützt werden und behaupten, dass die Walfischfänger das Fischergewerbe durch Tötung der Wale ruinierten. Mit Gewehren bewaffnet, haben die erregten Leute nun die Stationen der Walfischfänger angegriffen, Gebäude, Maschinen zerstört und Schaden im Betrage von etwa 100,000 Kronen verursacht. Die norwegische Regierung hat das Kriegsschiff „Heimdal“ nach Finnmarken abgesandt, um Ruhe zu stiften.
Der folgende traurige Fall wird aus Berlin berichtet: Im Seitenflügel eines Hauses an der Rostocker Straße wohnte seit einem Jahre ein Arbeiter mit seiner Frau und vier Kindern im Alter von 2 bis 12 Jahren. Kürzlich wurde dem Ehepaar noch ein Mädchen geboren. Obwohl der Mann Arbeit hatte, so blieb er für vier Monate die Miethe schuldig. Der Hauswirth hatte daher auf Räumung geklagt, die der Gerichtsvollzieher vollstrecken sollte, wegen des Zustandes der Frau jedoch auf zwei Wochen verschob. Kurz vor Ablauf dieser Frist erkrankte das jüngste Kind und starb, nachdem ein Prediger die Nothtaufe vollzogen hatte. Während nun der Hauswirth auf einem Neubau beschäftigt war, holte der Miether einen Wagen und rückte mit der Einrichtung. Bei der Besichtigung der Wohnung entdeckte dann der Wirth, dass die Leute die kleine Leiche in dem Kinderbett hatten liegen lassen, ohne sich um ihr Schicksal zu kümmern. Die Revierpolizei beschlagnahmte die Leiche und ließ sie nach dem Schauhause bringen.
Ein unter dem Schriftstellernamen Leo Dex in Luftschifferkreisen gut bekannter französischer Offizier hat sich schon seit Jahren mit dem Problem beschäftigt, die Wüste Sahara in einem Ballon zu überfliegen, und sich im letzten Winter nach Sabes an der Nordküste Afrikas begeben. Dort wollte er einen sogenannten Pilotballon, d. h. einen unbemannten Versuchsballon, auflassen. Er hoffte, dass dieser durch lokale Windströmungen in die Region der Passatwinde gelangen und nach Timbuktu kommen würde. Dieses Resultat wurde allerdings nicht erreicht,
obwohl der Ballon eine Reise von mehreren hundert englischen Meilen machte; er landete schließlich im südlichen Algier. Nach der eingeschlagenen Richtung zu urtheilen, scheint der Wind, der in Sabes im Winter für lange Zeit sehr beständig weht, weiterhin über dem Sandmeer des großen Erg eine mehr östliche Richtung anzunehmen und dann nach Norden zu drehen nach dem Wed Jedi (34 Grad n. B.), wo der Ballon durch Araber an den Halteseilen herabgezogen wurde.
Ein heiteres Erlebnis des Königs von Dänemark in Wiesbaden wird von dort mitgetheilt. Als der König erfuhr, dass die kaiserlichen Prinzen ihm während seiner Abwesenheit einen Besuch hatten abstatten wollen, begab er sich sofort allein zu Fuß zum Schloss, um die Aufmerksamkeit zu erwidern. Dort aber wollten die Wachen ihn nicht einlassen, da „das Hauptportal kein Eingang für Zivilisten ist.“ Der König ging nun ruhig zum Nebenportal, wo er erkannt und die Sache aufgeklärt wurde. König Christian aber war keineswegs beleidigt, sondern soll über den Vorfall herzlich gelacht haben.
Der mehrfach zum Tode verurtheilte Lustmörder Tetznow hat sich in der Universitätsklinik zu Greifswald einer schweren Operation unterziehen müssen. In seinem Kopfe hatte sich ein Absceß (Abszess) gebildet, der durch einen Eingriff in die Schädelhöhle entfernt werden musste. Die Operation verlief günstig. Der Tischlergeselle Ludwig Tetznow ist wegen eines Doppelknabenmordes in Babe auf Rügen und wegen eines Doppelmädchemordes in der Nähe von Osnabrück vom Schwurgericht in Greifswald viermal zum Tode verurtheilt worden. Das von ihm beantragte Wiederaufnahmeverfahren ist z.Zt. von sämmtlichen in Betracht kommenden Instanzen zurückgewiesen worden.
Der mit der Statue einer Wäscherin geschmückte Brunnen auf dem Märkischen Platze in Berlin muss infolge Höherlegung dieses Platzes ebenfalls um einen Fuß gehoben werden. Das von Professor Ludwig Brunow geschaffene und im Jahre 1897 aufgestellte Kunstwerk hat von dem Berliner Volkwitz mit Rücksicht auf seine große Zierlichkeit und die den Platz umsäumenden Kolossalbauten die Bezeichung: „Das Mädel ohne Verhältniss“ erhalten und ist schon einmal, als beim Bau dem Kaufhauses
„Neu-Cölln“ eine Erweiterung des Märkischen Platzes stattfand, versetzt worden. Der Brunnen soll daran erinnern, dass einst die alten Berlinerinnen in der Spree, nahe der Waisenbrücke, ihre Wäsche spülten und sie an dem damals noch grünen Strande trockneten.
Eins der größten künstlichen Stauwerke der Welt wird die im Bau begriffene Thalsperre im Ennepethale in Westfalen werden; sie wird über 12 Millionen Kubikmeter Wasser fassen. Durch die Sperrmauer, für welche 100,000 Kubikmeter Mauermaterial erforderlich ist, werden zwei Thäler abgesperrt. Die gewaltige Mauer erhält eine Länge von 270 Meter und eine Höhe von 41 Meter, an der Basis wird sie 52 Meter und an der Krone 5 Meter breit. Der Stausee wird eine Ausdehnung von 10 Kilometer erhalten. Aus der Thalsperre werden nach ihrer Fertigstellung, die für Oktober nächsten Jahres vorgesehen ist, eine ganze Reihe von Städten das Trinkwasser erhalten, außerdem wird das Wasser auch zum Teil als
Betriebskraft verwandt werden. Zur Zeit sind an dem Bau über 1000 Arbeiter beschäftigt.
Eine Rettungsthat vollführte ein Oberleutnant der Garde gelegentlich eines Ausflugs nach Hamburg. Dort hatte sich ein zwanzigjähriges Dienstmädchen von der Lomdardsbrücke aus in selbstmörderischer Absicht in die Alster gestürzt. Vor Ausführung der That hatte die Lebensmüde an ihrem Hut, den sie in den Anlagen am Ufer zurückließ, einen Zettel befestigt, der die Mittheilung enthielt, dass sie sich das Leben nehmen müsse, weil sie von ihrem Bräutigam verlassen worden sei. Diesen Hut fanden einige Personen, die soeben den Alsterdampfer verlassen hatten. Als man nun das Wasser genau beobachtete, sah man das Mädchen mit den Wellen kämpfen. Sofort entledigte sich ein des Weges kommender Oberleutnant der Garde seines Waffenrockes, sprang ins Wasser und rettete das dem Ertrinken nahe Mädchen. Hierauf entfernte sich der Offizier schleunigst, sodass es nicht gelang, seinen Namen festzustellen.
Ein Theater im Grünen, eine genaue Rekonstruktion des „Théatre de Verdure, wie es zur Zeit Ludwigs XIV. im Park von Versailles und Trianon bestand, soll in Paris errichtet werden. Allerdings gab es in der franzöischen Hauptstadt vor gar nicht langer Zeit in einem versteckten Winkel des Bois de Boulogne ein solches Naturtheater, doch stellten sich dem Unternehmen bald so große Schwierigkeiten entgegen, dass das Institut wieder schließen musste. Nunmehr hat es Charles Bordes, der Direktor der Pariser Sängerschule, der „Schola Cantorum“, wie ihr offizieller Titel lautet, unternommen, im Wege der Subscription das Theater im Grünen wieder aufleben zu lassen. Sein Plan hat in den künstlerischen und gesellschaftlichen Kreisen von Paris begeisterte Aufnahme gefunden. Das Theater wird aus grünenden Baumästen und blühenden Zweigen im zierlichen Rokokostile im Garten des früheren Gebäudes der „Schola Cantorum“ errichtet werden, und namhafte Kräfte der Großen Oper, der Opéra Comique, des Theaters de la Monnaie und anderer künstlerisch bedeutender Pariser Theater werden sich auf dieser improvisierten Bühne in den Dienst der guten Sache stellen.
Dem Schweizer Bauernführer Nikolaus Leuenberger von Rüderswil im Emmenthal soll jetzt in seinem Heimathsort ein Denkmal gesetzt werden. Als im 17. Jahrhundert unter den Bauern in den Kantonen Bern, Luzern, Solothurn eine Bewegung entstand und 1653 zu Gumiswald eine große Bauernversammlung stattfand, die dem Herrenbund einen Volksbund entgegenzusetzen dachte, war Leuenberger der Wortführer. Er gerieth später durch Verrath in Gefangenschaft, wurde unter grausamem Spott, mit einem Strohkranz auf dem Kopfe und einem hölzernen Degen an der Seite nach Bern geführt, gefoltert, enthauptet und geviertheilt.
Der Bedarf an Kornblumen (bekanntlich die Lieblingsblume Kaiser Wilhelm’s I.) für die Berliner ist gegenwärtig ungemein groß. In großen Quantitäten kommen die Blüthen nach Berlin, wo sie willige Abnehmer finden. In der näheren Umgebung ist deshalb auf den Feldern kaum eine
Kornblume zu finden. Die Landbevölkerung hat bald herausgefunden, dass mit dem Sammeln ein Geschäft zu machen ist, und so dauerte es nicht lange, bis die hübschen blauen Blumen aus den wogenden Feldern verschwunden waren. Das Abpflücken hat aber auch manchen Schaden für die Grundbesitzer zur Folge, da bei dem Suchen die Felder zertreten werden. Die Polizeiverwaltungen verschiedener Orte der Umgebung Berlins haben sich genöthigt gesehen, durch Polizeiverordnung das Einsammeln der Kornblumen auf den Feldern zu verbieten.
In einer der größeren Banken Amsterdams wurde dieser Tage ein ungemein frecher Diebstahl verübt. Der Kassenbote einer anderen Bank, der einen Sack mit Effekten im Werthe von 40,000 Gulden einen Augenblick an der Kasse neben sich niederlegte, um Wechsel einzukassieren, fand an dessen Stelle einen anderen ähnlichen Sack, der nur Zeitungen enthielt. Die Bank hatte dem Kassenboten noch einen ihrer Angestellten der größeren Sicherheit wegen mitgegeben, aber dieser war in dem Augenblicke, wo der Diebstahl ausgeführt wurde, gerade an einem anderen Schalter beschäftigt, wo er ebenfalls einen Auftrag auszuführen hatte. Bis jetzt fehlt von dem Diebe oder den Dieben jede Spur. Da die gestohlenen Stücke durchweg amerikanische Zertifikate sind, wird es Mühe kosten, sie zu versilbern. Bekanntlich besteht aber in London ein größeres Bankinstitut, das nur gestohlene Effekten kauft, diese 3,4 auch 5 Jahre ruhig liegen lässt und sie dann, wenn der Diebstahl einigermaßen vergessen oder durch andere in den Hintergrund gedrängt ist, verkauft. Wenn die Zertifikate dahin ihren Weg gefunden haben sollten, dann ist jede Aussicht auf Ergreifung der Thäter hoffnungslos.
Die Franzosen haben seit Kurzem einen poeta laureatus, der Ausschuss des Schriftstellerverbandes hat den Sully Prudhomme Preis für 1903 im Betrage von 1500 Franc dem jungen Dichter Charles Dumas zuerkannt. Sully Prudhomme, der mehr gelobte als gelesene französische Lyriker, erhielt vor zwei Jahren den Dichterpreis der Nobelstiftung und setzte darauf selbst einen Dichterpreis fest, für welchen er einen Teil der Zinsen des ihm unerwartet in den Schooß gefallenen Nobelpreises zu verwenden beschloss; in jedem Jahre sollte ein junger französischer Lyriker, der sich durch formvollendete Dichtungen auszeichnete, mit dem Preise bedacht werden. Im vorigen Jahre fiel der Prudhomme-Preis einem Mitgliede der Gaulois-Redaktion, einem Herrn namens Michelet zu. Dieses Jahr bekam ihn wieder ein Gaulois-Redakteur, der erwähnte Herr Dumas. Man sieht, die Herren Preisrichter geben etwas auf Namen, und der Gil Blas meint, dass im nächsten Jahre wahrscheinlich ein Herr Augier gekrönt werden würde. Herr Charles Dumas, der neue „poeta laureatus“, ist erst 22 Jahre alt.
Über einen zehnjährigen Mörder wird aus England berichtet. Unlängst verschwand in Stockton-on-Tees ein 15 Monate altes Kind, das mit seinem 3jährigen Brüderchen auf der Straße gespielt hatte. Die Leiche dieses Kindes fand man bald darauf in einem Sandhaufen, schenkte aber der Aussage des kleinen Brüderchens, dass ein Junge, den der Kleine ausdrücklich bezeichnete, das Kind weggeschleppt habe, keinen Glauben. Wenige Tage darauf kam nun ein anderes Kind zu seiner Mutter gelaufen
und erzählte dieser, ein Knabe habe soeben sein Schwesterchen an die Hand genommen und weggeführt. Die Mutter eilte den Kindern sofort nach, holte sie ein und übergab den Entführer, einen 10 jährigen, erbärmlich aussehenden Streichholzverkäufer, der Polizei, die in ihm den Jungen erkannte, der nach Aussage des kleinen Knaben das ermordete Kind weggeführt haben sollte. Vor Gericht beschrieb der Verhaftete nun ganz genau, wo und in welcher Weise er das Kind lebendig in dem Sandhaufen verscharrt hatte, und fügte hinzu, dass er die Absicht gehabt habe, das andere Kind zu ertränken. Dem Jungen scheint jeder Begriff für das, was er gethan hat, zu fehlen. Er ist vollständig verwahrlost und auf der Straße aufgewachsen.
Dublin Core
Title
Clayton County Journal: News from Abroad (Vom Ausland)
Subject
Foreign News
Description
Short news items in German from regions outside both the German Empire and the US, as published regularly in the German-language insert of the English-language Journal from Gutenberg, Iowa
Creator
Clayton County Journal
Source
Clayton County Journal
Publisher
Guttenberg Printing Co.
S.L. Sage, Editor and Manager
S.L. Sage, Editor and Manager
Date
2 July 1903
Relation
Clayton County Journal, Local News from Germany (Item #2250)
Format
jpg
Language
German
Type
text
Coverage
Guttenberg, Clayton County, Iowa